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v. Plener,
Allein bei den einzelnen Versuchen dieser Associationsform haben sich bisher
so viele Schwierigkeiten, ja selbst auch Widersprüche mit dem grundlegenden
Principe der Einheit beider Productionsfactoren gezeigt, daß auf diesem Wege
die Beseitigung des Salariats nichts weniger als einfach und wahrscheinlich
erscheint. Man muß daher untersuchen, ob jene Zwiespältigkeit in der heutigen
Industrie nicht innerhalb des gegenwärtigen Productionsshstems überwunden
oder doch gemildert werden kann, ob es nicht angeht mit Beibehaltung des
Lohnsystems wieder eine gewisse Gemeinsamkeit des Interesses an der Unter
nehmung durch Theilnahme der Arbeiter am Producnonsgewinne zu erzeugen,
wobei zugleich die socialistische Vorstellung von der Unproductivität des Ca
pitals und von dem Rechte der Arbeit auf den ganzen Productivnsertrag
vorweg ausgeschlossen wird/
Die Entwicklung der gesellschaftlichen Vorstellung so wie der national-
öconomischen Doctrin über das Verhältniß der Lohnarbeiter geht von dem
bloß persönlichen Dienstverhältnisse des Arbeiters zur Stellung eines Theil-
nehmers an der Production. Im Stadium der Sclaverei und der leibeige
nen Arbeit wird der Arbeiter mit seinem Lebensunterhalt abgefunden und hat
weiter gar keine Beziehung zum Product. Aber auch in dem spätern Sta
dium des Geldlohnes ist der Arbeiter ohne irgend eine Theilnahme am Pro-
ducte. In diese Zeit fällt die Entstehung der nationalöconomischen Theorie
vom sog. Lohnfonds. Sowie der mittelalterliche Grundbesitzer einen gewissen
Fonds zur Erhaltung seiner Knechte besitzen mußte, so nahm inan einen ge
wissen Capitalbetrag an, aus welchem die Löhne der ganzen gewerblichen
Arbeiterzahl bestritten werden sollten. Diese Theorie macht den Lohnsatz von
dem Verhältniß zwischen Capital und Bevölkerung abhängig und setzt ihn in
ein umgekehrtes Verhältniß zum Capitalgewinne, und gemäß des concomitan-
ten Satzes, daß Nachfrage nach Sachgütern keine Nachfrage nach Arbeit sei,
läugnet sie den Einfluß der Productenpreise auf den Lohn und umgekehrt.
Diese heute als Irrthum aufgezeigte Doctrin ist gleichwohl noch in der Bor
stellungsweise der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorherrschend und liegt den
meisten Vorstellungen über das gegensätzliche Verhältniß zwischen Capital und
Arbeit zu Grunde. Die Arbeiter erscheinen nicht als Theilnehmer an rer
Production, sondern als mit fixem Lohne bezahlte Dienstleute, ohne weitere
wirthschaftliche Beziehung zum Product. Die Lohnausgabe erscheint als ein
Theil der Productionskosten, dessen Herabsetzung wie die anderer Kosten an
zustreben ist; als Producent, welcher allein den Gewinn der Unternehmung
erhält, erscheint nur der- Unternehmer. Die Arbeiter stehen daher dem Ca
pital feindselig gegenüber, von dem sie, da sie es nicht selbst erwerben können,
möglichst viel herausdrücken wollen; daher stellen sie oft ohne Rücksicht aus
den Preis der Producte die Arbeit ein, uin das Capital zu Lohnerhöhungen
zu zwingen, darum verringern sie in Gewerkvereinen durch einschränkende Re
geln das Arbeitsquantum und die Zahl der Lehrlinge, verhindern Stückarbeit,
damit das so verringerte Arbeitsangebot eine um so größere Quote aus dem
Lohnfonds erhalte. Tie Arbeiter streben daher nach möglichst hohem und