Full text: Ernährungswirtschaftliche Gegenwartsprobleme in Österreich

Maßnahmen nicht das Kind mit dem Bade ausgießen. Ga wie wir 
bereits gewahr wurden, das; der wirtschaftliche Organismus, der uns 
mit den Sukzessionsstaate» verband, nicht so leicht gelöst werden kann, 
so müssen auch die Länder beachten, daß sie wirtschaftlich mit Wie» 
viel zu sehr verwachsen sind, als daß die wirtschaftliche Absonderung 
und Absperrung nicht schwere Störungen in der Blutzirknlation ver 
ursachen müßte — die Versuche der selbständigen Lebenstätigkeit eines 
Armes oder Beines können nur zum Schaden des gesamten Körpers 
oder seiner Teile enden. Dieser Teil des Ernährungsproblemes kann 
und muß daher im gegenseitigen Einvernehmen durch die Ber- 
sassung gelöst werden. 
Angesichts der Unzulänglichkeit unserer heimischen Produktion 
und insolangc nicht eine tvesentliche Steigerung der Produktion erzielbar 
ist, müssen wir, um unser Leben nur notdürftig fristen zu können, 
einen großen Teil des Lebensmittelbedarfes durch Einfuhren zu decken 
suchen. 
Die Möglichkeit der Beschaffung von Ware im Auslande ist 
theoretisch gegeben, denn Ware ist auf der Welt genug vorhanden. Die 
Frage stellt sich in erster Linie als eine Finanzsragc dar, als ein 
Finanzproblem von ungeheurem Ausmaße, da die Summen, welche wir 
unter den derzeitigen Verhältnissen für die Einfuhr der unentbehr 
lichsten Nahrungs- und Futtermittel benötigen, eine phantastische Höhe 
erreichen. 
In einer Berechnung, welche ich vor einiger Zeit angestellt habe, 
ist — zu einem Kursstände berechnet, welchen die Krone Anfang 
Oktober hatte — die Answandsziffer für den Bedarf nur der 
wichtigsten Lebensmittel mit etwa einer Milliarde Kronen pro Monat, 
somit ungefähr zwölf Milliarden pro Jahr eingeschätzt, eine Ziffer, die 
sich unter Zurechnung einiger anderer, gleichfalls wichtiger Nahrungs' 
mittel und Futtermittel auf 20 Milliarden Kronen pro Jahr erhöht. 
Diese Ziffer erhöht sich iveitcr, wenn der Rückgang des Kursstandes 
der Krone auf deni Auslandsmärkte seit Anfang Oktober berücksichtigt 
wird. 
Es ergibt sich von selbst, daß ivir aus eigener Kraft diese 
Nahrungsmittelmengen und Werte weder mit Geld — ob wir cs uns 
nun durch Effcktenverkauf, durch Anforderung von Geld und Juwelen, 
oder durch Verkauf sonstiger Vermögensobjekte verschaffen — noch mit
	        
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