während 63 Prozent der Bevölkerung sich Mehl und Brot durch Ein
kauf beschaffen mußten*).
In der Republik Österreich ist dieses Verhältnis noch ivcit
ungünstiger, denn von der für 1919 errechneten Bevölkcrungsziffer
von rund 7 Millionen Einwohnern sind im Jahresdurchschnitte nur
zirka i *3 Ätillionen Selbstversorger und st'7 Millionen Richtielbst-
versvrger, haS heißt, im neuen Österreich ist das Verhältnis der Nicht
produzenten zuin Selbstversorger auf hundert gerechnet wie ,81: 19
gegen 63 : 37 im alten Österreich.
Zugegeben, das; unsere Produkt: onsstatistikrn sehr im argen lagen
und noch liegen, daß wir ferner überhaupt mit Ausnahme weniger
Artikel vor Ausbruch deS Krieges keine Verbrauchsstatistik hatten
worunter die Arbeit der Ernährungsbehördcn sehr schwer zu leiden
hatte, erfüllt doch die Statistik die Funktion des Diagnostikers, der
ein Krankhcitsbild festzustellen hat, bevor der Arzt mit Heilmitteln
eingreift — so sind doch genügend sichere Anhaltspunkte dafür gegeben,
daß schon das alte Österreich unbedingt auf Nahrungsmittelimporte ange
wiesen war. Selbst wenn die Ernteziffern falsch berechnet waren (und
daß die itu Wesentlichen auf Schätzungen beruhende Erntestatistik unzu
länglich und unrichtig war, darüber, besteht wohl kein Zweifel), so ist
doch die große Einfuhr an Getreide aus Ungarn, und in schlechten,
Erntejahren auch ans dem Zollanslandc, zweifellos. Die Neitogesamt-
cinsnhr Österreichs ans Ungarn und dem Zollauslande betrug an
Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Mais) und Mehl (auf
Getreide umgerechnet) im Durchschnitte der letzten fünf Friedensjahrc
(1909—1913) 27'7 Millionen Meterzentner Getreide **). Schon das
*) Diese Statistik, welche auf der Brvtknrtenzählnng beruht, stimmt nicht
ganz mit der Berufszählung tiberein, wonach 1910 IS 1 3 Prozent der Bevöl
kerung Angehörige der Land und Forstwirtschaft waren. Diese Tifsercuz ist nicht
besonders ausfallend, da eben die Berufszählung einfach die Angehörigen der
Land- und Forstwirtschaft zählt, ohne Stücksicht, darauf, ob sie ganz öder nur
einen Teil des Jahres tatsächlich selbst versorgt sind; Kleinhäusler, Weinbauern
usw. sind entweder gar nicht oder nur einen Teil deS Jahres selbst versorgt,
zählen also nach der Brotkartcnstatistik, zumindest während eines Teiles des
Jahres, auf die Zahl der Nichtselbstversorger.
**) Die Ncttveinfuhr Österreichs ans Ungarn und dem Zollanslandc (nach
Abzug der Ausfuhr) betrug an Getreide 17,100.000 -Meterzentner, an Mehl
7,606.000 Meterzentner, das ist auf. Getreide bei einer 72prozentigen Aus
Mahlung umgerechnet 10,360.000 Meterzentner Getreide, insgesamt somit
■J7'7 Millionen Meterzentner.