Full text: Zur wirtschaftlichen Förderung des Handwerks

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die Innungsmitglieder zwingt oder schon gezwungen 
hat, bisher beschäftigte Gehilfen zu entlassen, wenn 
möglich mit Angabe der Zahl der von den ver 
schiedenen Mitgliedern bereits entlassenen oder in 
nächster Zeit zu entlassendenden Gehilfen und der 
Zahl der im Innungsbezirk arbeitslosen Gehilfen. 
Ferner bitten wir um Aufschluß darüber, ob nach 
ihrer Ansicht die etwa vorhandene Arbeitslosigkeit 
eine vorübergehende oder eine dauernde ist. In 
Anbetracht der Bedeutung dieser Angelegenheit für 
das Handwerk bitten wir dringend um schleunige 
Beantwortung der Fragen." 
Ungefähr 150 Innungen haben darauf über 
einstimmend geantwortet, von einer Arbeitslosigkeit 
im Handwerk, die zu Arbeiterentlassungen geführt 
habe, könne nicht die Rede sein. Gewiß gebe es 
etliche Gewerbe, in denen zur Zeit weniger zu tun 
sei. Doch sei das in vielen Gewerben, z. B. dem 
Bauhandwerk und den sogenannten Saisongewerben, 
in den Wintermonaten typisch und vorübergehend 
Ganz allgemein treten die befragten Innungen 
aber ausnahmslos, auch die wenigen, die wirklich 
einen Mangel an Arbeitsgelegenheit festgestellt 
haben, gegen den Gedanken einer Arbeitslosenver- 
sichernng durch die Gemeinde oder den Staat auf 
Rosten der Arbeitgeber auf. 
Der Vorstand der Handwerkskammer hat auf 
Grund dieser allgemein ablehnenden Haltung der 
Handwerker beschlossen, die Bedürfnisfrage 
für eine Arbeitslosenversicherung aus öffentlichen 
Mitteln oder aus Beiträgen der Arbeitgeber im 
Gebiete des Handwerks zu verneinen. Die Aus 
schüsse der Rammer für soziale und wirtschaftliche 
Angelegenheiten hielten am 11. Dezember in dieser 
Angelegenheit eine Sitzung ab und erklärten sich 
einstimmig mit dem Beschluß des Vorstandes ein- 
verstanden. Die Geschäftsstelle wurde gleichzeitig 
beauftragt, zur Beseitigung und Milderung des 
zur Zeit allerdings herrschenden flauen Geschäfts 
ganges, — dieser kann nicht weggeleugnet werden 
und wird es auch nicht — unter welchem aber 
bisher nur die selbständigen Handwerker weniger 
die Gesellen und Gehülfen leiden, an die Behörden 
heranzutreten, daß die dem Handwerk etwa zuge 
dachten Arbeiten den einzelnen Handwerkern schon 
jetzt zugewiesen werden, damit diese Aufträge 
haben und ihre Gesellen in vollem Umfange 
beschäftigen können. 
Kinber* und flrbeiterscbul?. 
So sehr auch die soziale Fürsorge mit Rücksicht auf 
das allgemeine Volkswohl zu begrüßen und gutzu 
heißen ist, so mußte doch die Handwerkskammer 
eingreifen, um einer allzugroßen Schädigung des 
Handwerks vorzubeugen. So sprach sich der Vor 
stand in einem Gutachten an den Regierungsprä 
sidenten gegen die Uebertragung der Arbeiter 
schutzbestimmungen auf Betriebe mit min- 
bestens 5 Arbeitern aus. 
Er wandte sich zunächst ganz allgemein gegen 
die Unterstellung der handwerksmäßigen Motor- 
betriebe, die zwischen 5 und 10 Arbeiter beschäf 
tigen, unter die Bestimmungen von § 135 bis 
§ 139a der G.-O., weil das eine ungerechte Be 
nachteiligung dieser Betriebe gegenüber den ohne 
Motoren arbeitenden bedeutet. DennimHandwerks- 
betrieb dient der Motor hauptsächlich zur gelegentlichen 
Erleichterung der Handarbeit; er entlastet also den 
jugendlichen Arbeiter, wogegen im Fabrikbetrieb 
die Maschine die Hauptarbeit leistet und den Ar 
beiter zum eintönigen ermüdenden Bedienen zwingt. 
Deshalb bedarf der Fabrikarbeiter viel mehr des 
Schutzes durch Erholungspausen, feste Begrenzung 
der Arbeitszeit, als der Handwerkslehrling. 
Das Inkrafttreten der Arbeiterschutzbestimm- 
ungen in dem angedeuteten Umfange würde so- 
dann sowohl für die Handwerkslehrlinge als auch 
für die Handwerksmeister von unberechenbarem 
Schaden sein. Denn: Die Beschränkung des Ar 
beitszeitraumes von morgens 6 bis abends 8 Uhr, 
die Einfügung von fest umgrenzten pausen, das 
verbot für Lehrlinge, sich während der pausen in 
den Arbeitsräumen aufzuhalten, wenn die Teile 
des Betriebs, in denen die Betreffenden beschäftigt 
sind, nicht völlig eingestellt werden, müßte eine 
gewissenhafte und gute Lehrlingsausbildung stark 
beeinträchtigen. Denn der Handwerksbetrieb ist 
eben dadurch gekennzeichnet, daß er keine Schema 
tisierung des Arbeitsvorganges zuläßt und infolge 
dessen auch keinen Zwang hinsichtlich Beginn und 
Endigung des Arbeitszeitraumes, der pausen und 
ähnlichem vertragen kann. Zeitweise häuft sich die 
Arbeit so, daß abends etwas länger wie üblich 
gearbeitet werden muß; zu einer andern Zeit kann 
der Betrieb dann wieder früher geschlossen werden 
oder wenigstens werden dann die Lehrlinge nicht
	        
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