Russische (Erfahrungen mit dem Staatsbetrieb
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die grundsätzlich für allgemeinen Staats- und Gemeindebetrieb eintreten,
setzen es nicht immer gern, wenn durch partielle verstaatlichungs- oder
Rommunalisierungsaktianen einzelne Gruppen der Arbeiterschaft unter
ganz andere und in der Regel günstigere (Existenzbedingungen gestellt
werden."
Seitdem das geschrieben wurde, ist ja auch bereits ein Experiment
in großem Maßstabe angestellt worden, zu welchen Ergebnissen der
Staatsbetrieb in einem Volksstaate führt. Die bolschewistische Re
gierung Großrußlands hat die probe auf das Exempel gemacht.
Sie hat durch ein Dekret vom 28. Juni 1918 die Sozialisierung der
meisten größeren Betriebe angeordnet?») Schon vorher waren be
reits 486 Unternehmungen sozialisiert worden. Vas Dekret vom
Juni v.I. erfaßte dann fast sämtliche Nktienunternehmungen. Unter
diese Verordnung fielen, wie die Gesellschaft der Moskauer Indu
striellen bekanntgab, etwa 1100 Nktienunternehmungen mit einem
Grundkapital von zusammen rund drei Milliarden Rubel. Den
alten Besitzern wurde, obwohl sie ihr Eigentum ohne Lntschädi»
gungen an den Staat abtreten sollten, durch das Dekret auch die
Pflicht auferlegt, ihre Betriebe in der bisherigen Weise weiter zu
verwalten und zu finanzieren. Leichtbegreiflicherweise gaben sich die
früheren Besitzer dazu in den.meisten Fällen nicht her, sondern
ließen oftmals ihre Werke, deren endgültige Fortnähme ihnen drohte,
im Stich und flüchteten. Nach einer am 17. September 1918 ver
öffentlichten amtlichen bolschewistischen Statistik waren bis dahin
in Großrußland 513 Industrieunternehmungen tatsächlich beschlag
nahmt und sozialisiert worden. Etwa die Hälfte der sozialisier
ten Betriebe, nämlich 218, entfällt auf die Bergwerks-, hütten-
und metallurgische Industrie, 40—60 Betriebe gehören zur chemi
schen, Papier- und Nahrungsmittelindustrie. In den übrigen In
dustriezweigen sind etwa 20 Unternehmungen sozialisiert worden.
Die praktischen Ergebnisse der Sozialisierung sind nach den Un-
gaben der vorerwähnten amtlichen Statistik wahrhaft erschütternd.
39) wir folgen hier der Schilderung im „wirtschaftlichen Nachrichtendienst",
4. Iahrg., Nr. 620, und zwar teilweise wörtlich.