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Ausgangspunkte.
schaftlichen Friedens ungeeignet erwiesen. Der Wirtschaftskampf
als das Hindernis einer rechtlichen Ordnung muß zum letzten Mittel
des Ausgleiches wirtschaftlicher Gegensätze herabgedrückt werden, wenn
er nicht ganz ausgeschaltet werden kann.
Der Wirtschaftskampf ist schließlich auch ein wirtschaftliches
Übel, denn bei der bereits vollendeten Verteilung der noch kolonisierbaren
Erde kann die wirtschaftliche Ausdehnung nur in den seltensten Fällen
zur Vermehrung der Gütermenge der Weltwirtschaft führen. Der Kampf
um den wachsenden Anteil an der Weltwirtschaft führt meist zu dem
Siege eines Wettbewerbers auf Kosten des anderen; er bringt in der
Kolonialpolitik eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der ein
heimischen Bevölkerung, insbesondere der Naturvölker, durch die rück
sichtslose Ausbeutung des Siegers mit sich. Der Wirtschaftskrieg im
engeren Sinne aber bringt durch seine Beschränkungen der Rechtsfähig
keit und durch seine Entkräftungen und Enteignungen von Rechten des
wirtschaftlichen Feindes eine Minderung der Güter der Weltwirtschaft
mit sich. Am sinnfälligsten ist dies im Verluste an Welttonnage durch den
Unterseebootkrieg, noch mehr im Mangel Europas an Rohstoffen und
Lebensmitteln hervorgetreten. Das Ausscheiden eines so lebens
kräftigen Trägers der Weltwirtschaft, wie es Deutschland vor dem Kriege
war, auch nur für die Zeit des wirtschaftlichen Aufbaues der alliierten
und assoziierten Volkswirtschaften konnte nicht ohne schwere Schädi
gung der Weltwirtschaft vor sich gehen.
Es ist der Einwand zu gewärtigen, daß die Erkenntnis der schweren
Schäden für die eigene Volkswirtschaft jedes Kriegführenden das Ende
des Wirtschaftskrieges mit dem militärischen Friedensschlüsse von selbst
bringen werde. Soweit in dieser höchst verwickelten Frage überhaupt ein
Urteil abgegeben werden kann, sprechen für die während des Krieges
vielfach verneinte Möglichkeit einer Fortdauer des wirtschaftlichen
Krieges nach dem militärischen Kriege, eine Reihe gewichtiger Gründe.
Es hat bereits die Erörterung der Vorschläge der Pariser Wirtschafts
konferenz von 1916 des näheren gezeigt, daß nicht nur für die Zeit des
Wiederaufbaues, sondern auch nachher länger andauernde Maßnahmen
wirtschaftlichen Ausschlusses oder wirtschaftlicher Beschränkung gegen
Deutschland und Österreich geplant sind. Es ist das Ziel der Selbst
genügsamkeit für die Wirtschaftspolitik der Alliierten aufgestellt und für
diese wirtschaftliche Autarkie die wechselseitige Unterstützung gefordert
worden. Diese Pläne wurden von mehreren Seiten als imdurchführbar
(B u l e n b u r g, Möglichkeiten 11; Harms, Sicherungen 37), ja sogar
als Wahnsinn bezeichnet (Brentano, Uber den Wahnsinn der
Handelsfeindseligkeit 1916). Man verwies insbesondere darauf, daß
der Grundsatz der Bevorzugung des besten und billigsten Erzeugnisses
ein wirtschaftliches Grundgesetz und die gegenseitige wirtschaftliche Ab-