Australien nach Deutschland ausgeführt werden würde, sollte dieser Staat
auch zweimal soviel bezahlen als früher (Curti, Handelskrieg 118).
Dennoch kann derzeit nicht gesagt werden, daß der wirtschaftliche
Imperialismus nur ein Ausfluß der nationalen Expansion ist. Er
wurde auch von Nationalitätenstaaten, wie Rußland und Österreich-
Ungarn, wenn auch nur in mäßigem Umfange betrieben. Er ist in seinem
ir~J-*** Wesen vorwiegend ein Ausfluß des Industrialismus und Kapitalismus,
somit ein Ergebnis moderner Wirtschaftsformen.
Der wirtschaftliche Imperialismus strebt die Ausdehnung der heimi
schen Volkswirtschaft über die Staatsgrenzen oder die Verdrängung der
fremden Volkswirtschaft aus den Staatsgrenzen an, er ist s e 1 b s t s ü c h t i g.
Nur in geringem Umfange hat er durch den Aufschluß wirtschaftlich un
entwickelter oder zurückgebliebener Länder eine im allgemeinen Kultur
interesse liegende Arbeit geleistet. Das eigentliche Gebiet des Imperialismus
stützt sich auf den wirtschaftlichen Vorteil durch Sicherung der Rohstoif-
einfuhr und der Industrieausfuhr, mitunter der Menschenausfuhr unter
nationaler Flagge; er rechnet damit, daß das allein oder mit den Waren
mitausgeführte Menschenmaterial auch in der Kolonie die heimatliche
Kultur bewahre und derart zum Pionier der politischen Ausdehnung werde.
Nur im geringen Maße kann diese Ausdehnung vor sich gehen, ohne
die Interessen von Mitbewerbern im wirtschaftlichen Wettstreite der
Nationen zu schädigen. Innerhalb der Weltwirtschaft kann meist die
Förderung einer Volkswirtschaft nur auf Kosten der anderen erfolgen
{Harms, Sicherungen 41).
Die Selbstsucht der wirtschaftlichen Ausdehnung tritt besonders
in der ungenügenden Berücksichtigung oder gar Vernachlässigung der
Interessen des wirtschaftlich zu durchdringenden Gebietes hervor. Die
Kolonialpolitik der Großmächte stand von seltenen Ausnahmen, wie z. B.
den Brüsseler Beschlüssen hinsichtlich des Kongobeckens von 1885 abge
sehen, dem allgemeinen Kulturinteresse ablehnend gegenüber. Der
Imperialismus arbeitet mit dem Kompensationssysteme. Die
stärksten Mitbewerber treffen untereinander einen Interessenausgleich
und überlassen es dann der Macht jedes Vertragsteils, sich mit dem
Auszubeutenden auseinanderzusetzen. Typisch hierfür sind das fran
zösisch-englische Abkommen von 1904 und das englisch-russische Ab
kommen von 1907. Selbst die Garantie der territorialen Integrität be
deutet nur einen Waffenstillstand in der politischen Ausdeh
nung; er wird mit Zugeständnissen wirtschaftlicher Vorteile erkauft.
Typisch hierfür ist das Verhalten Japans gegenüber Korea. Das
japanisch-koreanische Abkommen vom 23. Februar 1904 garantiert die
Unabhängigkeit und territoriale Integrität Koreas und anerkennt nur im
Falle des Angriffes einer dritten Macht oder bei inneren Unruhen ein
Recht zur Intervention und insbesondere zur Besetzung strategischer