Full text: Denkschrift über die Berechtigung eines interkommunalen Lastenausgleichs in wirtschaftlich zusammenhängenden Gemeinden insbesondere in Groß-Berlin

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werden, steigt die Zahl der beteiligten Betriebsge- 
m e i n d e n. So ist z. B. durch die Verlegung der grohen, viele 
Tausende von Arbeitern beschaftigenden Fabriken von Ludwig Lowe 
nnd von Siemens Schuckert von Berlin nach Charlottenburg der 
Schullastenanspruch, welcher durch die in diesen Betrieben beschiiftigten 
nnd in Rixdors wohnhaften Arbeiter verurjacht wird, unterbunden ^ 
Worden." 
In den letzten drei Jahren hat biefe Entwicklung nicht stillgestanden. 
Jmmer mehr wachsen die Betriebe in den ostlichen Bororten, immer j 
mehr der Zuzug von Arbeitern nach Berlin und semen grotzstadtischen ^ 
westlichen Bororten, namentlich nach Charlottenburg. 
Die „ostlichen Vororte" suchen ganz zu Unrecht den Anschein zu j 
erwecken, als habe fie der Zuzug von Arbeitern und der Fortzug Wohl- 
habender LU wirtschaftlichem Tiefstand gefuhrt. Beides ist salsch. Die 
ostlichen, nordlichen und sudlichen Vorortgemeinden find zum weitaus 
grohten Teil nie Wohnstatten der Wohlhabenden gewesen. Sie haben 
sich aus landlichen Ansiedelungen zu Jndustriege- ! 
mein den entwickelt. Der Zuzug von Arbeitern beforderte nicht ihreu 
wirtschaftlichen Niedergang, sondern legte den Grand zu ihrem wirtschast- 
licheu Aufsteigen. Die Vororte, mag auch ihre Steuerkraft durchaus uicht 
eine glanzende genanut werden, haben sich trotz oder gerade d u r ch den 
Zuzug industrieller Arbeiter und namentlich durch den Zuzug der In 
dustrie in ihrer steuerlichen Leistungssahigkeit ganz be- 
t r a ch t l i ch entwickelt. 
In der Tabelle Anhang II o ist der auf den Kopf der Bevolke- 
ntr.fi d u r chs ch n ittlich entfallende Satz der Staatsein- : 
f o mitt en st en e r der physischen Zensiten fur jedes einzelne der Steuer- 
jahre 1901 bis 1913 fur eine grohere Zahl von Gemeinden Groh Berlins 
uachgewiesen. 
Besonders hervorgehoben seien die au der mehrfach erwahnten Pe 
tition beteiligten Gemeinden, welche in der Tabelle samtlich vertreten find. j 
In Neukolln hatte die genannte Kopfquote fur das Steuerjahr 
1901 nur 3,71 M betragen. Jm Jahre 1907 tvar sie auf 5,74 M ange- 
stiegen und schon im folgenden Jahre nahm sie auf 7,os M zu, wohl mit 
unter dem Einfluh der durch die Novelle vom 18. Juli den gewerb- ! 
lichen Grohbetrieben auferlegten Pflicht zur Abgabe von individuellen ^ 
Nachrichten liber die von ihnen gezahlten Arbeitslohne. Die Ziffer er- 
reichte dann im Jahre 1911: 8,os M und 1913 bett Betrag von 9,u M, ] 
so dah sie nun einen beinahe 2y 2 mat so hohen Stand einnimmt als 12 Jahre 
fruher. 
Lichtenberg im gegenwartigen Gebietsumfange, d. i. mit Box- 
Hagen-Rummelsburg, zeigt eine Steigernng der Kopfquote von 3,ss M in 
1901 auf 5,29 M in 1907 und auf 8,is M tit 1913. L Die Endziffer 
stellt sonach das 2,6 fache der Anfangsziffer dar. 
P a n k o w wies schon im Jahre 1901 den Betrag von 6,55 M 
auf, er ist seitdem auf das 1,9 fache, auf 12,so M gestiegen. 
In Weitzensee fuhrte die Entwicklung von 3,oi auf 7,59 M, 
in Reinickendorf von 3,77 auf 8 M, in X e g e I von 4,99 auf 10,so M, 
tit Friedrichsfelde von 6,47 M auf 14,44 M, in Ober- 
schvneweide von 5,so auf 8,se M, in Niederfchonhaufen 
von 5,87 auf 11,24, in Hohenfchonhaufen von 3,os auf 10,67, in 
Wittenau von 2,ss auf 6,os, in Heinersdorf von 5,48 auf 12,34, 
in Brib von 3,74 auf 7,77, in Alt-Glienicke von 2,42 auf 6,ss, in I 
A d l e r s h 0 f von 3,ss auf 7,?s, in B u ck 0 w von 2,so auf 6,89 Jl — j 
demnach in 11 diefer Gemeinden eine Erhohung auf mehr als das Doppelte ^ 
des Standes vor 12 Jahren, in einer auf beinahe das Doppelte, in einer 
auf das anderthalbfache — Steigerungen, die denu dock) zu grosz find, 
um lediglich auf das Anziehen der Steuerfchraube oder etwa die Ent- 
wertuna des Geldes zuruckgefuhrt werden zu konnen. 
Abgesehcn von einer Ausnahme (Stralau) ist also liberall in den 33 Vor- 
orten eine Steigerung der Einkommenstenerkraft festzustellen, nnd zivar 
in einem Mahe, welches beispielsweise das Berliner Zunahmeverhaltnis ! 
zumcist libersteigt; stieg dock) die Berliner Kopfquote von 14,to in 1901 
nur auf 16,72 M in 1913, demnach nur um 18,0 pCt, wobei frnlich die I 
Tatsache einer gegeniiber zahlreichen nordlichen, ostlichen und sudlichen i 
Bororten an sich hoheren Ausgangsziffer mitwirksam ist. 
Aus dein Seite 20^ angefuhrten Auszuge aus der statistischen 
Tabelle uber die Verhaltuisse der petitionierenden 86 groheren preuhischen 
Landgemeinden und einiger Stadte des Jndustriegebietes ergibt sich, bass 
im Verhciltnis der anderen Jndustrieorte Preuhens der Durchschnittskopfsatz ! 
der „ostlichen Vororte" Berlins 8,12 M -durchaus nicht besonders niedrig ist. - 
Selbst wenn aber uachgewiesen wird, vast die Zahl der Arbeiter, , 
die in den ostlichen Bororten wohnen und in Berlin oder in einem west 
lichen Vorort arbeiten, einigermahen grost ist, so kann dock), ioenn eine 
so schwerwiegende Mastnahme wie eine Besteuernng der Nachbargemcindc 
eintreten soil, der Nachweis nicht entbehrt werden, dah die Lasten, liber 
die die Vororte klagen, auch wirklich durch die se Arbeiter ver- 
ursacht werden. Wenn sich die Vororte auf ein hier und da guustig 
lautendes .Prajudiz in den Schulstreitsachen beziehen — Berlin hat, ab- 
geseheu von den alten Jahrgangen 1897/98 bisher noch keinen Prozeh beim
	        
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