Full text: Die oberschlesische Kohlen- u. Eisenindustrie

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der Entfernung ab, ferner von der Art des Transportapparates 
und dem Maße seiner Ausnützung, der konkreten Natur der 
Gegend und der davon abhängigen Art des Weges, schließlich 
der Art der Transportgüter selbst. Dieses erste Grundnetz der 
Jndustrieorientierung wird durch etwaige Arbeitskostendiffe 
renzen dienert. Als dritten Alterationsfaktor genereller Natur 
der Jndustrielagerung steht Weber „lebe Agglomerations 
tendenz "an, die auch die Zusammenfassung aller möglichen 
übrigen Standortsfaktoren sein kann. Aus diesen Definitionen 
Webers läßt sich kein Urteil über die Existenzberechtigung der 
oberschlesischen Eisenindustrie fällen, da sie eine Fülle von 
„Nebensächlichkeiten" gelten lassen müssen, die praktisch den 
Ausschlag geben können und so alle Berechnungen über den 
Haufen werfen. 
W. Sombart sagt in seiner KritikH der Weberschen Stand- 
vrtslehre: „Webers Theorie ist die Theorie dessen, was man den 
„freien" Standort nennen kann. Sie ist unvollständig. Denn 
nur in einem Teil der Fälle ist der Standort ein „freier", d. h. 
können die Gewerbe ihn wählen — anders ausgedrückt, könnte 
er (phvsisch) auch woanders sein. Daneben gibt es — und zwar 
keineswegs in etwa belanglos geringem Umfange — Stand 
orte, die nicht auf ..freier" Wahl beruhen, weil sie nirgends 
anders sein könnten: „gebundene" Standorte. Die Bindung 
kann an jedem der drei Orientierungspunkte erfolgen: am 
Konsumplatz, Arbeitsplatz oder Materialplatz." 
Dann ist die oberschlestsche Eisenindustrie als „gebundene" 
Industrie zu erkennen. Eine lange geschichtliche Entwicklung 
hat in ihr enorme Kapitalien festgelegt, die im Besitz der großen 
Geldinstitute, aber auch des „kleinen Mannes" sind. Diese 
Kapitalien lassen sich nicht aus der Industrie herausziehen, 
denn dabei würden sie zum bedeutenden Teile verloren gehen; 
sie sind einfürallemal verankert. Die Gefahr, alles zu verlieren, 
nötigt das Kapital, auch in schweren Zeiten in der Industrie 
zu bleiben, sie selbst mit großen Opfern zu stärken und für künf- 
tige bessere Zeiten produktionsfähig zu erhalten. Auch der 
Staat, der wie wir sehen werden, zum überwiegenden Teil im 
Interesse der oberschlesischen Industrie gewaltige Summen in 
1) W. Sombart II., S. 40 ss.
	        
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