Full text: Der Pommersche Landbund

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stellung für die neue Ernte sicherzustellen, wird in ernstestem Maße durchkreuzt 
durch die Agitatoren des Landarbeiter-Verbandes, der in unverhällter Form in 
allen Teilen der Provinz zum Streik aufreizt unter der Firma, den Landarbeitern 
bessere Löhne zu verschaffen. Er geht dabei ohne Rücksicht darauf vor, ob unter 
der Landarbeiterschaft ein tatsächliches Bedürfnis nach einer solchen Lohnerhöhung 
besteht. Er läßt es auch nicht zu Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Ar 
beitnehmern kommen, sondern setzt Lohnsätze fest und stellt die Arbeitgeber vor die 
Frage, ob sie dieselben annehmen oder ablehnen wollen. In letzterem Fall erfolgt 
dann unmittelbar die Niederlegung der Arbeit. Nach hier vorliegenden Nachrichten 
wird dabei keineswegs nur das wirtschaftliche Interesse des Arbeiters betont, son 
dern es wird geradezu zum Bolschewismus aufgereizt. Es hat sich auch an 
mehreren Stellen gezeigt, daß die Arbeiter beim Streik den Besitzer hinderten, selbst 
das Vieh zu füttern, indem sie die Ställe durch bewaffnet« Leute sperren ließen. 
An andern Stellen haben die Agitatoren den Leuten gesagt' „Ihr müßt streiken, 
streiken und wieder streiken. Die Löhne müssen so lange erhöht werden, bis sie 
nicht mehr weiter können. Dann bekommt Ihr das Land'" Der noch loyale 
Teil der Arbeiter wird mit wüsten Drohungeü zum Eintritt in die Organisation 
gezwungen, dabei wird ihnen eine Frist von 24 Stunden gesetzt, innerhalb welcher 
sie ihren Eintritt in die Organisationen erklärt haben müssen, andernfalls soll 
vom Besitzer ihre sofortige Entlassung erzwungen werden. Die Agitatoren des 
Landarbeiter-Verbandes sind zum großen Teil Leute, die mit den Verhältnissen 
des Landes absolut nicht vertraut sind. Es liegt ihnen auch nicht daran, das 
wirtschaftliche Interesse des Landarbeiters zu wahren, sondern es ist der Trieb, 
durch Erregung von Unfrieden sich selbst eine Stellung zu verschaffen und in den 
Augen ihres Verbandes ähre Gehaltszahlung zu rechtfertigen. Diese Leute sitzen 
zum Teil noch in den Arbeiterräten und benutzen ihre angemaßte amtliche 
Stellung dazu, im Namen der Regierung die Arbeiter zum Eintritt in ihre Or 
gane aufzufordern. Die Verhältnisse in der Provinz sind dadurch in ein außer 
ordentlich bedenkliches Stadium getreten. An vielen Stellen haben Streiks statt 
gefunden, an andern Stellen haben die Besitzer den Forderungen nachgegeben, die 
so ungeheuerlich sind, daß z. B. auf einzelnen Betrieben jährlich zwischen 60 und 
90 000 Mark Löhne mehr gezahlt werden müssen. Es ist offensichtlich, daß bei der 
Einbuße, die der Boden und das Inventar durch die Kriegswirtschaft erlitten 
haben, die Güter eine derartige Mehrbelastung nicht mehr ertragen können. Die 
Folge wird sein, daß ein großer Teil der Besitzer vor den Bankerott gestellt wird, 
und daß dementsprechend die Volksernährung darunter empfindlich leidet. Soll 
das aber nicht geschehen, so ist eine wesentliche Erhöhung der Preis« ländlicher 
Produkte erforderlich, die dann wieder zu neuen Lohnbewegungen in den Städten 
führen muß. Seitens der Behörden Pommerns ist bisher so gut wie nichts ge 
schehen, um dem Treiben dieser Agitatoren wirksam entgegenzutreten. Der hiesige 
Zentralrat hat in verkappter Form eine Diktatur ausgeübt, ohne daß ihm mit 
der nötigen Energie entgegengetreten wurde. 
Die unterzeichnete Organisation steht auf dem Standpunkt, daß jetzt nicht die 
Zeit ist, durch übertriebene Lohnforderungen Unruhe in die Arbeit des Landes zu 
tragen, umsomehr, als gerade der Pommersche Landbund sich die Pflege des Ar 
beiterinteresses zur besonderen Aufgabe gemacht hat. Sein Wille ist es, durch 
rechtzeitige Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in paritätisch 
zusammengesetzten Kommissionen den Wünschen der Arbeiterschaft, soweit sie 
herechtigt sind, Geltung zu verschaffen und dadurch Lohnbewegungen zu ver 
hüten. Er wird aber bald durch dieses Treiben unverständlicher Hetzer gehindert, 
und der Tag ist abzusehen, wo die Landwirtschaft Pommers sich in einen bolsche 
wistischen Zustand versetzt sieht. Die Verhandlungen des Direktors mit dem 
Leiter des Landarbeiter-Verbandes, Herrn Schmidt, gelegentlich einer Sitzung in
	        
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