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gehabt hätten, hätte es manchmal schlecht um die Bewirtschaftung der Güter
gestanden. Gerade gegen meine Fraktion wird immer behauptet, dort seien
keine landwirtschaftliche Sachverständige. Nun wollen wir mal den Spieß
umkehren und fragen, ob in der Fraktion, die sich als Vertreterin der Land
wirtschaft bezeichnet, wirklich soviel praktisch tätige Landwirte sitzen.
Die landwirtschaftlichen Unternehmer haben aus dem Kampf zwischen
Kapital und Arbeit noch nichts gelernt. In Industrie und Gewerbe sind wir
schon so weit, daß sich Unternehmer und Arbeiter an einen Verhandlungstisch
setzen, und wenn ich eine Hoffnung hatte, so war es die, daß es im Laufe
dieses Jahres gelingen würde, in der Landwirtschaft alle Etappen, die im
Kampf zwischen Kapital und Arbeit in der Industrie durchgemacht worden
sind, zu überspringen. Aber in Pommern und auch anderwärts, nicht überall,
glaubt man heute noch, mit den alten Mitteln gegen
die Gewerkschaft kämpfen zu können, mit Maßregelung und
Unterdrückung der Organisationen, mit Bevorzugung der Arbeiter, die sich
nicht mit ihren Arbeitsbrüdern in eine Linie stellen. Das kommt aber daher,
daß die Organisationen der landwirtschaftlichen Unternehmer zu sehr politisch
orientiert sind und zu sehr daran gewöhnt sind, an die Gesetzgebung zu
appellieren.
Ich darf wohl für mich in Anspruch nehmen, daß Sie mir glauben, wenn
ich sage: uns ist es nicht darum zu tun, den Belagerungszustand anzuwenden;
wir wären froh, wenn er lieber heute als morgen aufgehoben werden könnte.
Aber wenn der Belagerungszustand nach links angewandt werden muß, dann
können wir es uns nicht bieten lasten, daß arbeitswillige Landarbeiter des
halb an der landwirtschaftlichen Produktion gehindert werden, weil sie den
Mut haben, sich freigewerkschaftlich zu organisieren. Deshalb hoffen wir, daß
die Regierung mit allen Mitteln eingreift, und wenn das noch nicht genügt,
was jetzt durch Noske erfolgt ist, daß dann noch andere Mittel angewandt
werden. Wollen die Gutsbesitzer absolut die landwirtschaftliche Produktion
sabotieren, dann muß es unter dem Belagerungszustand auch möglich sein,
ihnen die Bewirtschaftung ihrer Güter abzunehmen und sie in solche Hände
zu legen, die sie im Interesse der ganzen Volkswirtschaft durchführen, weil
heute, wo die Not so groß ist, arbeitswillige Landarbeiterfamilien nicht auf
die Straße gesetzt werden dürfen.
Auf die Presteäußerungen einzugehen, in denen von der Firma Braun,
Schmidt u. Co., Landarbeiter-Verband zur Störung der Produktion, ge
sprochen ist, hat keinen Wert. Ich weiß genau, daß es zum agrarischen
System gehört, so die Oeffentlichkeit zu bearbeiten. Ich glaube aber, daß
man in der Oeffentlichkeit eingesehen hat, daß in Pommern ein Ausnahme
zustand besteht; ich erwarte, daß die Regierung unfere Maßnahinen würdigt
und erkläre nochmals, daß die Vertreter der Landarbeiterschaft jederzeit bereit
sind, zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion beizutragen. Ich
glaube, heute schon sagen zu dürfen, daß unser Verbandstag auch dafür den
Beweis liefern wird.
Darum sage ich, unsere förmliche Anfrage, die hier gestellt ist: was ge
denkt die Regierung in dieser Beziehung zu tun, ist nicht darum gestellt, um
draußen 'im Lande wieder Agitationsmaterial für uns zu haben, wie z. B.
die „Pommersche Tagespost" schrieb: „Schmidt (Cöpeulck) läutet Sturm."
Wir bedauern, daß wir uns dannt so oft beschäftigen müssen. Wie es in der
Provinz Sachsen der Fall ist, wo inan sich an den Verhandlungstisch gesetzt
hat, könnte es in Pommern auch sein. Ich weiß, daß man es in Pommern
von Anfang an anders gewollt hat, und ich habe schon gesagt, welche Personen