J. Rationalisierung und Religion
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Auch die Herkunft des zweiten Vorkämpfers und Heroen der
amerikanischen Rationalisierungsgeschichte Henry Fords, aus dem
Geiste des Puritanismus, läßt sich nachweisen. Waͤhrend Taylor in
der Sanktionierung der Maximalleistung verfangen bleibt, geht
Old Henry einen Schritt weiter zur Heiligung der Optimal⸗vLeistung.
Die Herstellung eines Produkts, so lehrt er, rechtfertigt sich nur, wenn
und insoweit sie einem gesellschaftlichen Bedürfnis entspricht, unbe⸗
dingt vervielfältigt und also allen zugänglich gemacht und von ihnen
erworben werden kann. Auf diesem Leit- und Grundsatz fußt seine
gesamte Geschäftspraxis. Sie strebt nach dem „richtigen“ Produkt,
dessen Typus niemals veralten kann, weil in ihm das Höchstmaß
technischer Vernunft vergegenständlicht wird. Dieser Typus läßt
einen ununterbrochenen Strom der Massenproduktion zu, dessen
Breite und Wucht wiederum durch den fortwaͤhrenden Preisabbau
immer wieder gesteigert werden kann.
Die Meinungen über die Arbeitsorganisation Fords, die der
wissenschaftlichen Betriebsführung Taylors in vielem gleicht, sind
geteilt. Die einen sehen in ihr ebenso wie im Taylorismus, eine un⸗
erwünschte Deklassierung großer Teile der Arbeiterschaft zu Handlan⸗
gern, die aber tausendmal am Tage in strengster Arbeitsteilung am
laufenden Band den gleichen Handgriff zu versehen haben. Die an⸗
deren meinen, daß das „Interesse am Sacherfolg“ selbst den letzten
Teilarbeiter am Conveyor (laufenden Band) äußerlich wie innerlich
—D
hohe Löhne, günstige Arbeitsbedingungen und andere Betriebsvor⸗
züge erkauft ist, sondern in erster Linie zurückgeführt werden muß
auf die sinnvolle Verknüpfung der Arbeitsvorgänge. Helmut
Hultzsch, ein deutscher Student, der selbst ein halbes Jahr in den
Fordwerken gearbeitet hat und hierüber auf der 6. Tagung für
Werkspolitik in Frankfurt (Main) am 4. und 5. Juni 1926 berichtet hat,
meint, Ford führe uns hier tatsächlich einen Weg ins Freie: „Er
erreicht durch die sinnvolle Verknüpfung der Arbeitsvorgänge, die