Full text: Vergangenheit und Zukunft der Sozialwissenschaften

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V. 
Es erübrigt also noch uns zu fragen, wo wir heute 
stehen und was im Einzelnen von dem Stück Weg 
zu erwarten ist, das unmittelbar vor uns liegt. Da 
können wir wohl über die allgemeinen Züge hinaus- 
und etwas mehr ins Einzelne gehen. 
Wer heute das Gebiet der Sozialwissenschaften 
überblickt, kann zunächst durchaus keinen guten 
Eindruck haben. Ich glaube kaum, daß wir uns 
rühmen können es herrlich weit gebracht zu haben. 
Und das behauptet auch niemand. Der Laie, der sich 
fragend an uns wendet, denkt sich nach erhaltener 
Antwort wohl meist: „Soviel wußte ich vorher auch.“ 
Man überlege, was in unseren zusammenfassenden 
Werken zu lesen ist und man wird sogleich wissen, 
wie ich es meine, wenn ich sage, daß unsere Resultate 
dürftig, unsere Methoden primitiv sind, und daß beide 
oft hinter billigen Anforderungen Zurückbleiben. 
Jene Resultate, die in der einen oder anderen Weise 
weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden, z. B. 
Resultate, die soziale Maßregeln betreffen, tragen oft 
das Zeichen der Verwandtschaft mit Popularanschau- 
ungen auf der Stirn. Noch schlimmer ist es, daß die 
angewandten Methoden oft lediglich Denkformen des 
Alltagslebens sind und viele Fachleute sich zeitlebens 
mit Arbeiten begnügen, die jeder gute Journalist auch 
machen könnte, wie wenn der forschende Geist sich 
für die Zwecke der Wissenschaft nicht wirksamere 
Werkzeuge geschmiedet hätte, wie wenn es nicht die 
Methode wäre, die den Forscher macht. Wir sehen
	        
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