Die Münzwirren und Heckenmünzen in Obersclrwaben.
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Den 10. Mai 1702 werden dort, nach dem Vorgang von Konstanz und ver
schiedener anderer Orte, die Ravensburger, Isnyer, Ulmer und Freiburger Kreuzer
auf 2 Pfennig und die gleichen Halbbatzen auf 1 Kreuzer von obrigkeitswegen
abgeschätzt, nachdem der Überlinger Rat sechs Tage zuvor seine Bürger von dieser
Absicht hatte insgeheim verständigen lassen mit der daran geknüpften Warnung,
sie sollen jene Sorten von keinem Auswärtigen mehr annehmen und was sie davon
im Besitz haben, ohne Zeitverlust nach solchen Orten abschieben, wo jene etwa
noch für voll genommen würden.
Den 13. Juli desselben Jahres ordnete der Rat von Überlingen wörtlich weiter
an: In Anbetracht, daß die roten Kupferpfennige in großer Menge in die Stadt
eingeschoben würden, sollen wie in anderen Orten die lindauischen und konstan-
zischen in Handel und Wandel auf 1 Heller gesetzt, die übrigen gar nicht genom
men werden.
Ob Überlingen seine Pfennige in der Folge eingelöst hat oder nicht, läßt sich
nicht bestimmt sagen. Wahrscheinlich hat man es nicht und jedenfalls nicht all
gemein getan; der Stadtrat würde sonst nicht unterlassen haben, seine honnette
Handlungsweise in das gehörige Licht zu stellen. Was aber die Silbermünze Über
lingens anbelangt, so fuhr sie zwar fort, umzulaufen, aber mit Schwierigkeiten; sie
gehörte in die Kategorie der verrufenen und verpönten und die Kassen und Ämter
selbst der nächst gelegenen Stände nahmen sie nicht. Im Februar 1710 erhielt
Überlingen von dem Magistrat Lindau eine Zuschrift, die Überlinger Kreuzer würden
im Lande von Memmingen an abwärts nicht genommen und kämen auch in der
Nachbarschaft in Mißkredit. Daran war die Anfrage geknüpft, ob, falls ihnen Lindau
den Valor belasse, 1 ) Überlingen sie allenfalls im gleichen Wert an sich zu lösen
belieben wolle. Dieses antwortet mit ja, ausgenommen, wenn es sich um nach
gemachte Münze („Beischläge“) oder um wucherische Geschäfte handle.
Daß Überlingen auf Grund solcher Zusagen in nennenswertem Umfang seine
Silbermünze, d. h. ohne sie nachher wieder auszugeben, eingezogen hätte, ist nicht
anzunehmen, insofern diese Münzen nicht anders als die gleichzeitigen von Ravens
burg, Isny, Buchhorn, Chur, Konstanz, Freiburg, Montfort, Haldenstein u. s. f. noch
Jahrzehnte lang in den zahllosen Verrufserklärungen, welche die Territorien, die
Kreise und die Münzprobationstage gegen sie erließen, Zeugnisse von der Fort
dauer ihres w r enig ruhmvollen Daseins ablegten (so zum Beispiel ein kurbayrisches
Münzpatent von 1725, ein württembergisches von 1730, verschiedene Patente des
Schwäbischen Kreises von 1726, 1730 und 1732; vgl. J. Ch. Hirsch, a. a. 0.
S. 66, 115).
V.
Die schwäbische Kreisversammlung ging im Frühjahre 1694 mit der Absicht
um, dauernd ein stehendes Heer von 8000 Mann zu unterhalten. Um die ihr dadurch
drohende Ausgabensteigerung zu decken, sah die unter einer schweren Schulden
last seufzende kleine Reichsstadt Isny (im Allgäu) neben einem stärkeren Anziehen
i) Tatsächlich aber hatten die städtischen Ämter von Lindau erst kurz zuvor aufs neue den
Befehl erhalten, keine schlechte Münze, vor allem keine Überlinger anzunehmen.