Einleitung.
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nähernd die Hälfte aller Verträge vorzeitig erlischt. Das neue Versicherungs
vertragsgesetz hat Mittel dagegen ergriffen; es bleibt festzustellen, ob diese
schon eine günstige Wirkung erkennen lassen.
Der zweite Einnahmezuschuß, die Zinsen, bringt uns nun auf die
letzte, für den Geldmarkt vielleicht wichtigste Seite des Versicherungswesens:
die Anlage der Kapitalien. Wenn auch in allen Versicherungszweigen
erhebliche Geldsummen vorhanden sein müssen, die nach mehr oder minder
langer Anlage suchen, so bedarf namentlich die Lebensversicherung einer ganz
enormen Aufspeicherung von Kapital, weil die Mittel für die in weiter
Ferne liegende Versicherungsleistung allmählich durch die Prämien und ihre
Zinsen angesammelt werden müssen. Hier kommen Milliarden in Frage,
die zum großen Teile auf lange Dauer angelegt werden können, jedenfalls
aber aus wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen möglichst sicher angelegt
werden müssen. Zu den Prämienreserven kommen als dauernde Anlagen
noch die Reservefonds (Sicherheits-, Gewinn- usw. Reserven) und das
Gesellschaftskapital, als vorübergehende Anlagen die im Laufe des Geschäfts
jahres eingehenden Prämien.
Für den größten Teil der privaten und öffentlichen Versicherung wird
die Gesamtsumme der Vermögensbestände und ihre Anlage nach einigen
Hauptkategorien seit Jahren amtlich festgestellt und bekanntgegeben. Aber
diese Veröffentlichungen sind für die hier verfolgten Zwecke nicht genau
genug, und die privaten Arbeiten haben sich bisher auf einzelne Versicherungs
zweige beschränkt, auch mehr die Anlagepolitik vom Standpunkte der Gesell
schaften kritisiert 1 , als den Einfluß der Anlagen auf die Volkswirtschaft
festzustellen versucht. Hier ist also noch eine Arbeit zu leisten, die um so
fruchtbarer wird, je mehr sie in Einzelheiten dringt. Denn nicht nur die
Gesamtsumme der Anlagen und ihr Zinsertrag ist von Bedeutung für die
Volkswirtschaft, sondern auch die sachliche und örtliche Verteilung. Namentlich
auf dem Hypothekenmarkte zeigen sich erhebliche Verschiedenheiten
zwischen den Gegenden Deutschlands. Hier wird es am ehesten möglich sein,
einen unmittelbaren Einfluß bestimmter Versicherungsanstalten und ihrer
Vermögensanlagen auf den Hypothekenzins, die Bautätigkeit und damit auch
mittelbar auf die Grundstückspreise nachzuweisen. Schwieriger dürfte das
sein bezüglich der Einwirkung auf den allgemeinen Zinsfuß und den
Diskontierungssatz. Denn beide werden infolge der engen Verflechtung
des Bankwesens mit Berlin und der Reichsbank ziemlich einheitlich durch
1 Z. B. Dr. Hans Hilbert, Kapitalanlagen der Versicherungsgesellschaften,
Jena 1908.