Der Kassenbote
75
jungen Leute. Besonders bei den großen Privatfirmen
gibt es Kassenboten, die, abgesehen von gelegentlichen
Trinkgeldern, sich aus ca. 3000 Mark im Jahr stehen.
Auch daß die Söhne der Kassenboten als Lehrlinge ins
Geschäft eintreten, ist gar nichts Seltenes. Auf den Aktien
banken macht sich natürlich auch in der Stellung der
Kassenboten die Folge der Arbeitsteilung sehr bemerkbar.
Das Heer der Boten ist hier in verschiedene Chargen
eingeteilt. Sie unterstehen alle einem Botenmeister und
gliedern sich untereinander dann wieder, je nachdem sie
Außendienst verrichten oder die Dienerrollen im Kassen
raum oder in den Empsangssalons zu spielen hadern
Ein Heer von uniformierten Jungen, die man etwa mit
Votenlehrlinge bezeichnen köirnte, versorgen den Melde
dienst in den weitläufigen Bankräumen.
Schon hier zeigt sich die eigentümliche Zwitterstellung
des Bankboten, der einerseits niederster Subalternbeamter,
anderseits aber selbst dann besondere Vertrauensperson
ist, wenn er nicht mit der Geldtasche durch die Straßen
eilt. Der Bote vom Dienst in den Direktionsräumen
sieht dort eine ganze Menge Leute ein- und ausgehen,
deren Besuch im Geschäftsinteresse der Bank absolut dis
kret gehalten werden muß. Er hört bei der Anwesenheit
in den Zimmern manche vertrauliche Äußerung und trägt
oft genug Schriftstücke von einem Raun: zum andern,
die wesentliche Geschäftsgeheimnisse enthalten. Durch
kleine Privatdienste, die die oberen Persönlichkeiten der
Bank gelegentlich von ihm in Anspruch nehmen, steht er
der „Spitze" näher als alle anderen Sterblichen im Be
iriebe. Viel mehr aber zeigt sich diese Zwitternatur in den
Privatgeschäften. Hier hat sich ein Rest der Botenstellung
aus alten Tagen selbst in den Millionenhäusern von
Weltruf noch erhalten. Zm Privatbankgeschäst war der
Kassenbote von jeher die ganz besondere Vertrauens-