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eine so wesenlos gewordene Kapitalgesellschaft nur noch Um-
gehungszwecken dienen kann und deshalb keine Daseinsberechti-
gung mehr hat, zum mindesten ihr das Dasein durch die Rechts-
anwendung möglichst zu erschweren ist.
Der dritte Einwand Hachenburgs hat noch weniger
Überzeugungskraft. Ein gesetzlich unzulässiger Zustand kann
nicht dadurch gerechtfertigt werden, daß seine Herstellung
durch Umgehung möglich wird. Im übrigen wäre doch auch zu-
nächst zu beweisen, daß im Fall der Übertragung der eigenen
Aktien auf einen Fiduziar der Vorstand in der Lage ist, das
Stimmrecht dieser Aktien nach eigenem Gutdünken zu ver-
wenden. Eine derartige Transaktion wäre für die Verwaltung
ein sehr bedenkliches Experiment. Bekanntlich kann die AG.
sich nicht wirksam zur Abnahme der Aktien gegen Entgelt
einem Aktionär gegenüber verpflichten (RG. 77, 71),womit die
Rückübertragung der Aktien durch den Fiduziar und das ge-
samte Rechtsgeschäft in Frage gestellt wird. Eine reine Legiti-
mationsübertragung (ohne Begründung eines Mitgliedschafts-
verhältnisses) kann gleichfalls nicht zum Ziele führen, weil der
Legitimationserwerber durch die Übertragung nicht ein Stimm-
recht erhalten kann, das dem Zedenten nicht zusteht.
So viel zur Widerlegung der Behauptung, daß die Ver-
sagung des Stimmrechts aus eigenen Aktien den Gesell-
schaftsinteressen zuwiderlaufe. Daß die Zubilligung des
Stimmrechts auch nicht gerade zum Vorteil der Gesellschaft
wirkt, wird von der Gegenseite nicht verkannt. Die Folgen
sind oben geschildert. Hachenburg sucht sie als unschäd-
lich hinzustellen, weil bereits die Vorschriften über Suspension
des Stimmrechts bei Interessenkollision und der nahezu gewohn-
heitsrechtliche Satz, daß der Mißbrauch des Stimmrechts zum
Nachteil der Minderheit den Beschluß anfechtbar mache, ge-
nügenden Schutz bieten. Wer die einschränkende Auslegung des
$ 252 Abs. 3 HGB. und $ 47 Abs. 3 GmbhGes. durch die Recht-
sprechung des obersten Gerichts‘) darauf durchprüft, der wird
doch einigen Zweifel in diese Zuversicht setzen. Und ebenso
reicht die Möglichkeit, einen durch den Vorstand oktroyierten
Beschluß wegen Mißbrauch der Stimmrechtsmacht anzufechten,
18) Vgl. insbesondere das neueste RG.-Urteil vom 19. November 1926
in JW. 27, 672 Nr. 16 und die Anm. von Nußbaum hierzu. — Gegen
die auch von dem RG. geteilte Ansicht, daß es möglich wäre, gegen eine
Verwaltung, welche die unbeschränkte Macht einmal an sich gerissen hat,
nachträglich noch vorzugehen, richtet Nord a. a. O. eine scharfe, durch-
aus berechtigte Kritik (S. 24 ff).
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