17 : VI. Deutsche Diesseitsreligion
das wirkende Ich in sein Volkstum bannt. Der bildende Künstler,
der nur fürs sehende Auge, der Tonkünstler, der nur fürs lau-
schende Ohr schafft, sie sind, um sich mitzuteilen, nicht an das
Verkehrsmittel der Sprache gebunden. Gleichwohl bedürfen sie des
Widerhalls im eigenen Volk, um so stark zu werden, daß sie auch
über die Grenzen des eigenen Volkstums hinaus zu wirken ver-
mögen. Das Volkstum ist also das Mittel, wodurch allein das Ich
über die Grenzen seines Volkes hinaus für die Menschheit wirken
kann. Und seit alles Volkstum mehr und mehr in die Lebensform
der eigenen Staatlichkeit hineingewachsen ist, ist das Mittel eben
diese Lebensform, der Staat geworden. Die Zeiten, wo das schaf-
fende Ich sich noch verhältnismäßig leicht und erfolgreich aus dem
eigenen Volkstum lösen und in ein fremdes verpflanzen ließ, die
Zeiten, wo italienische Baumeister in der ganzen Welt, wo van
Dyck, Händel, Herschel in England, wo Meyerbeer und Offenbach
in Paris zu Weltruhm kommen konnten, liegen einstweilen und für
absehbare Zeit geschlossen hinter uns.
Den Staat, die Lebensform des eigenen Volkes zu überspringen,
um gleich für „„die Menschheit“ zu wirken, wird heute so leicht
keinem Ich mehr möglich sein. Und dem Durchschnitts-Jch schon
gar nicht. Das Ich, das nicht in der staatlichen Lebensform des
eigenen Volkes aufgehen mag, das nicht entschlosssen durch die
staatliche Lebensform des eigenen Volkes für die Menschheit zu
wirken versucht, das dazu allerlei überstaatlichen Hokuspokus nicht
glaubt entbehren zu können, ist für die Menschheit, wie für das
eigene Volk, verloren.
Selbstverständlich wird es in aller Zukunft auch Beziehungen
der Staaten untereinander geben müssen, die in Gottesnamen auch
nach Art von Vereinsstatuten auf weite Sicht geregelt sein mögen.
Aber eben: geregelt durch die Staatspersönlichkeit und nicht über
den Kopf der Staatspersönlichkeit hinweg, und geregelt so, daß sie
die Kraft der Staatspersönlichkeit erhöhen, nicht aber sie zum
bloßen Schatten ihrer selbst hinabdrücken.
Denn so weit ist die Menschheit heute noch nicht durchorganisiert
— und wird sie vermutlich nie durchorganisiert sein ~ daß sie,
als Zwischenglied zwischen sich und dem Ich, des völkischen Organs
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