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funden hat, nämlich die Knochen- und Gelenktuberkulose. Es war er-
forderlich, für diese Krankheit besondere Heilstätten zu schaffen, wo die
Luft- und Sonnenbehandlung durchgeführt werden können. So ist
auf Veranlassung des Provinzialverbandes in Sendenhorst im Kreise
Beckum eine Spezialanstalt mit ausgedehnten Liegehallen zur Be-
handlung der Knochen- und Gelenktuberkulose entstanden, die z. Zt.
schon 140 Plätze zählt. Zwei weitere Anstalten gleicher Art sind im
Entstehen begriffen. Die großartigen Erfolge bei der Behandlung der
Knochen- und Gelenktuberkulose in Sendenhorst zeigen, daß bei rich-
tiger Anwendung. der Luft und Sonne auch das hiesige Klima zur
Behandlung dieser furchtbaren Krankheit geeignet ist.
Über die Frage, welche Krüppel der Anstaltspflege bedürfen, hat
seit Inkrafttreten des Gesetzes nicht immer Einigkeit unter den maß-
gebenden Stellen bestanden. Es ist dieses verständlich, weil die an-
staltspflegebedürftigen Krüppel vom Landesfürsorgeverbande zu
übernehmen sind, während die ambulante Fürsorge Aufgabe der
Stadt- und Landkreise ist. Die Frage, ob Anstaltspflege erforderlich ist,
ist nur nach Lage des einzelnen Falles zu entscheiden. Die Ansstalts-
pflege kann sowohl zum Zwecke der Behandlung wie auch zur Er-
ziehung und Berufsausbildung notwendig sein. Sie kann auch erfor-
derlich sein wegen ungünstiger häuslicher, örtlicher oder anderer Um-
stände. Da die Krüppelfürsorge auch die Erwerbsbefähigung mit um-
faßt, so kann, soweit diese außerhalb der Anstalten nicht gewährt
werden kann, bei Krüppeln auch dann Anstaltspflege erforderlich sein,
wenn sie an sich sonst nicht geboten wäre. Solche Krüppel sollten aber
dem Landesfürsorgeverbande nicht gemeldet werden, bei denen die
Anstaltsbehandlung nur einige Tage dauert und keine größeren Kosten
entstehen; denn in den Fällen von ganz kurzer Ansstaltsaufnahme
kann man nicht von einer Ansstaltspflege, die immer eine gewisse
Dauer voraussetzt, sprechen. Auch vom praktischen Standpunkte aus
gesehen ist es hier nicht richtig, das Aufnahmeverfahren zwischen dem
Landesfürsorgeverband und dem Bezirksfürsorgeverband, das stets
eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, einzuleiten.
Bisher habe ich hauptsächlich von der Anstaltsfürsorge der
Krüppel gesprochen. Es sollen jetzt einige Ausführungen über die
offene Krüppelfürsorge folgen. Die offene Krüppelfürsorge ist die
Fürsorge, die nicht in geschlosssenen Anstalten ausgeführt wird. Sie
entzieht sich ihrer Natur nach einer abschließenden gesetzlichen Regelung
und ist aus diesem Grunde der schöpferischen Tätigkeit der Selbst-
verwaltung der Stadt- und Landkreise, deren Aufgabe sie ist, über-
lassen. Zwei Hauptaufgaben hat die offene Krüppelfürsorge, nämlich
die Prophylaxe und die ambulante Behandlung. Wir müssen heute
das Hauptgewicht in der Krüppelfürssorge darauf richten, die Krüppel-
leiden zu verhüten. Professor Biesalski, der bekannte Orthopäde und