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daß bisher weit mehr als die Hälfte aller Knochen- und
Gelenk-Tuberkulose im Anfang verkannt, als Rheu-
matismus oder Verstauchung mit Einreibungen behandelt wird. Ge-
rade diese aber sind natürlich hier zu meiden. Chronischer Rheuma-
tismus ist bei Kindern ohnehin selten und eine einfache Versstauchung
wird von ihnen in wenigen Stunden vergessen. Jede Gelentschwellung,
jede Empfindlichkeit der Wirbelsäule und der Gelenke bei Bewegungen
ist bei Kindern verdächtig und bedarf einer Röntgenuntersuchung.
Die hochgradige spitzwinklige Abknickung der Wirbelsäule mit
Höcker- und Buck elbil dung infolge tuberkulöser Einschmelzung
eines Wirbels ist wohl stets zu vermeiden, wenn rechtzeitig für Ruhe-
stellung und Entlastung der Wirbelsäule gesorgt wird, bevor Deformität
eingetreten ist.
Die Hüftg elenkttub erk ulo se wird im Anfang nicht selten
deswegen verkannt, weil die ersten Schmerzen zuweilen nicht an der
Hüfte, sondern am Knie auftreten. Jede Veränderung der Körper-
haltung, des Ganges, der Gelenkbeweglichkeit bei Kindern sollte die
Eltern zu einer gründlichen Untersuchung veranlassen, auch wenn keine
größeren Schmerzen bestehen; denn gerade dadurch ist die Knochen-
und Gelenktuberkulose so verhängnisvoll, daß sie im Anfang fast keine
Schmerzen verursacht und daher nicht beachtet wird. Ebenso wie die
Erkennung ist auch die Behandlung der tuberkulosen Knochenerkrankung
nicht immer leicht und stellt an die Kenntnisse und Erfahrung des
Arztes große Anforderungen, wie sie im allgemeinen nur chirurgisch
und orthopädisch gut vorgebildete Fachärzte besißen. Die Landes-
fürsorgestelle legt daher großen Wert darauf, Knochen- und Gelenk-
tuberkuloseerkrankte besonderen Heilanstalten zuzuführen.
Die schwersten Krüppelleiden entstehen durch Erkrankung des
Zentralnervensystems, also des Gehirns und des Rückenmarkes; darum
ist die Vorbeugung hier besonders wichtig. Leider ist sie aber auch be-
sonders schwierig. Die Rückenm ark sl ähm ungen der Kinder
treten teilweise als akute Infektionskrankheit auf, und diese macht
strengste Absonderung zur Verhütung weiterer Ansteckung notwendig.
Jugendliche aus der Umgebung des Kranken sind unbedingt vom
Schulbesuch fernzuhalten. Die Unschädlichmachung von Erbrochenem,
von Nasen- und Rachenschleim, Stuhl und Urin sowie Desinfektion
von Kleidern, Betten und Wohnung sind angezeigt. Es wäre zu
wünschen, daß die Kreisärzte veranlaßt würden, jeden frischen Fall
von spinaler Kinderlähmung auch der Haupt-Krüppelfürsorgestelle zu
melden; denn sonst gelangen solche Kinder nicht selten erst mehrere
Jahre später in fachkundige orthopädische Behandlung, während es
gerade wichtig ist, den schweren Folgen der Lähmung (falsche Gelenk-
stellungen, Kontrakturen) rechtzeitig vorzubeugen. Im Anfang kann
auch versucht werden, den meisst spontan einssezenden Rückgang der
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