Full text: Die deutsche Wirtschaft

52 Prof, Dr. Moldenhauer: 
Ausspruch: „Die Politik ist das Schicksal!‘ Würden die politischen 
Parteien ausgeschaltet und ersetzt durch Vertreter der großen Erwerbs- 
gruppen, so würde die Idee als solche aus dem politischen Kampfe aus- 
geschaltet und nur das Ringen um das materielle Wohlergehen an ihre 
Stelle treten. Ein Kampf aller gegen alle wird dann entbrennen, 
während die politischen Parteien versuchen müssen, auch die Wirt- 
schaftsfragen unter dem großen Gesichtswinkel der Erhaltung der 
Unabhängigkeit der Nation nach außen und ihrer Kräftigung und 
Stärkung im Innern zu lösen, 
IV. Ergebnis. 
Aus dem Vorhergehenden ergeben sich die Folgerungen für die 
Stellung der politischen Parteien zur Wirtschaft, Die politischen 
Parteien müssen in erster Linie sich leiten lassen von dem Gedanken 
an das Staatsganze. Nie gilt dieser Grundsatz aber mehr als in der 
gegenwärtigen Zeit. Das bedeutet, daß auch die Wirtschaftspolitik 
nicht herabsinken darf zur Parteipolitik, sondern daß die politischen 
Parteien sich bemühen müssen, in allen Wirtschaftsfragen den Weg 
zu finden, der am meisten dem Ganzen nützt. Sie werden zu der Frage 
des Schutzzolls oder Freihandels nicht Stellung nehmen dürfen vom 
Standpunkt dieser oder jener Interessengruppe, wie sie in der Frage 
der Sozialpolitik versuchen müssen, die oft einander widerstreitenden 
Auffassungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf den gemeinsamen 
Nenner der Arbeitsgemeinschaft, d. h. der Verknüpfung beider mit dem 
Wohlergehen des Werkes, dem sie ihre Arbeit widmen, und 
der Wirtschaft zu bringen. Umgekehrt werden die Wirtschafts- 
gruppen dafür Sorge tragen müssen, daß den Parteien, denen 
die letzten Entscheidungen auch in Wirtschaftsfragen zufallen, 
über sie mit möglichster Sachkunde urteilen können, Dieses 
Ziel kann auf zwei Wegen erreicht werden, Zunächst einmal 
dadurch, daß alle Gesetze von wirtschaftlicher Tragweite den 
Vertretern der Wirtschaft selbst‘ zur Begutachtung vorgelegt werden. 
Die Verfassung sieht im Artikel 165 einen Reichswirtschaftsrat vor, 
der diese Aufgabe haben soll, Dieser Artikel ist noch nicht zur Aus- 
führung gelangt, Der vorläufige Reichswirtschaftsrat, wie wir ihn heute 
haben, ist ein Notbehelf und hat gewiß große Mängel, und doch leistet 
er eine gute vorbereitende Arbeit, Der zweite Weg ist der, dafür 
Sorge zu tragen, daß in den politischen Parteien genügend Männer vor- 
handen sind, die über die notwendigen wirtschaftlichen Kenntnisse 
verfügen und deshalb die Entscheidungen der Fraktionen auf die nötige 
Sachkunde aufbauen können. Während die Landwirtschaft längst 
diese Aufgabe erkannt hat und es keiner Fraktion an tüchtigen, nicht
	        
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