Full text: Die deutsche Wirtschaft

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Die Wirtschaft und die soziale Frage. 
Von Professor Dr. Ernst Horneffer, Gießen. 
Als das deutsche Volk den großen Krieg verloren hatte und infolge 
dieser Erschütterung alle Bande der Ordnung sich lösten, so daß das 
ganze Volk in einen Abgrund der Verwüstung zu versinken drohte, 
rafften sich die beiden großen Gruppen unseres Wirtschaftslebens auf, 
die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, schlossen einen vorläufigen 
Arbeitsfrieden, verständigten sich unter bestimmten Bedingungen zu 
dem Entschluß, in der schweren Notstunde durch vereinigte Kraft die 
deutsche Wirtschaft aufrechtzuerhalten und damit das gesamte Volk 
zu retten, Man prägte damals für diesen Entschluß und die ihm nach- 
folgende Tat den Ausdruck „Arbeitsgemeinschaft‘, und seitdem ist das 
Wort oft wiederholt worden, Aber der Geist und Sinn dieses Wortes 
ist nicht verwirklicht worden, Der gute Wille hat zweifellos auf beiden 
Seiten nicht gefehlt, wenigstens nicht bei den besten und verant- 
wortungsbewußten Vertretern beider Wirtschaftsgruppen. Aber überall 
im Leben tut es niemals allein der gute Wille. Er ist die unerläßliche 
Voraussetzung für alles gedeihliche Wirken, für erfolgreiches Schaffen. 
Zu dem guten Willen aber muß sich hinzugesellen die große Kunst oder 
vielmehr aus dem guten Willen muß ein großes Künstlertum hervor- 
gehen, um die von dem Leben gestellten Aufgaben zu bewältigen, Alle 
Lebensbetätigung ist künstlerisches Schaffen. Das künstlerische Schaf- 
fen besteht in der Zusammenfassung, Vereinigung, Harmonisierung von 
Gegensätzen. Spannungen gegensätzlicher Kräfte und Erscheinungen 
werden in der künstlerischen Form versöhnt und aufgelöst. Das Wider- 
streitende und Mannigfaltige geht in einer geschlossenen Einheit auf. 
Diese hohe Leistung aber kennzeichnet nicht nur das Werk der Kunst, 
welche in der Einbildung schafft, mit erdichteten Gestalten und Hand- 
lungen schaltet, Die nämliche Kunst muß sich bewähren im Bereiche 
der Tat, wo hart im Raume sich die Sachen stoßen. Auch in der 
greifbaren Wirklichkeit, wo die Kräfte wild durcheinanderwirbeln, muß 
das Künstlertum der Überwindung von Gegensätzen, der Ausgleichung 
von Spannungen sich beweisen, Darin liegt alles geschichtliche Ringen 
und Schaffen. Entweder es bilden sich aus den gespannten Gegen-
	        
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