36 Drittes Kapitel. Das Zeitalter der griechischen Kolonisation.
zu welchem Zweck längs der Küste Kolonien gegründet wurden.
Nun setzten sich die Korinther auch in Sizilien fest, wo sie die
Stadt Syrakus gründeten, die bald die Herrschaft über Sizilien
und einen Teil Unteritaliens errang.
Die Griechen begnügten sich aber nicht mit der Kolonisation im
Osten und Westen, sondern sie bemühten sich, auch den Süden des
Mittelmeergebietes in ihre Hand zu bekommen. In dem Gebiete
eines großen Staatswesens wie Ägypten konnte nur ein zweiter
Großstaat mit Erfolg vorrücken, der westliche Teil Nordafrikas
war in den Händen der Phöniker, so daß nur die zwischen beiden
Staaten gelegene Küstenlandschaft an der kleinen Syrte für eine
Kolonisation übrigblieb. Hier gründeten die Griechen Kyrene
und einige andere kleine Städte, die gleich jenen im Schwarzen
Meer keine sehr große Einflußsphäre im Binnenland besaßen.
Nachschübe aus der Heimat ermöglichten es, die Städte mit einem
agrarischen Produktionsgebiet zu umgeben. Eine rege Industrie
entstand sowie ein ausgedehnter Handel mit Produkten Afrikas,
so mit der Silphionpflanze, die Straße von Kyrene zur Amons
oase unterstützte diese Unternehmungen. Die industrielle und kom
merzielle Entwicklung machte dem Königtum ein Ende und führte
zur Demokratie, diese vermochte zwar den kleineren, meist nicht
verbündeten Völkerschaften zu widerstehen, sogar dem im 6. Jahr
hundert schwachen Ägypten (Herodot IV, 159), aber einer Großmacht
war ein derartiges Staatswesen nie gewachsen, und so fiel denn
Kyrene nacheinander den Herren zu, die den Osten des Mittel
meerbeckens unterjochten, den Persern (S. 14), den Mazedoniern
(S. 93) und den Römern (S. 93). Ihnen folgten die Barbaren,
die Zerstörer aus der Wüste, bis schließlich die Araber die Stadt
besetzten. In den Übergangszeiten genoß der Staat zuweilen eine
gewisse Freiheit, aber die alte Größe litt unter dem neuen Re
giment, da die Großstaaten neue Städte schufen, die durch ihre
Konkurrenz Kyrene empfindlich schwächten.
Im 6. Jahrhundert hat im allgemeinen die Kolonisation der
Stadtstaatenzeit ihr Ende erreicht, ein weiteres Vorrücken war
nur noch möglich, wenn Eroberungspolitik im größten Stil be
trieben wurde, und dazu gehörte ein gewaltiges Reich und eine gut
organisierte Heeresmacht. Im Westen und Süden stieß man bereits
an drei Stellen an karthagisches Gebiet: in Spanien von Massalia
aus, in Nordafrika von Kyrene her und in Sizilien. In Italien
begannen sich die Nationalstaaten zu entwickeln, und im Osten hatte