Full text: Antike Wirtschaftsgeschichte

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136 Achtes Kapitel. Ausbau und Ende der antiken Weltwirtschaft. 
bereitet, sie vielmehr sogar gefördert zu haben. Aber Vorsicht bestand 
allen Vereinen gegenüber, und die Unterstützungskassen wurden als 
Stellen betrachtet, wo man zu politischen Zwecken Geld sammeln 
könne. Auch die Beitragssammlung zum Zwecke der Unterstützung 
armer Mitbürger wurde nicht immer für einwandfrei anerkannt 
(Plinius, Briefe X, 93 f). Daß man bestinunten Vereinigungen, 
die sich z B. mit der Verproviantierung von Rom beschäftigten, 
Privilegien gab, wurde schon erwähnt (S. 131). Auch jene Ver 
einigungen von Handwerkern, die der Militärverwaltung nützlich 
erschienen, erhielten Vorrechte verschiedener Art Solche Vorrechte 
wurden gewährt, um zum Eintritt in die verschiedenen Vereini 
gungen der Handwerker, Gewerbetreibenden und Kaufleute anzu 
spornen und so einen ausreichenden Verwaltuugsapparat für die 
Güterproduktion und Verteilung zu bekommen. Auch die Bankiers 
und diejenigen, welche die Echtheit und den Wert der Münzen zu 
Prüfen hatten, wurden zu Korporationen zusammengefaßt. Kauf 
mannsorganisationen waren im römischen Kaiserreich sehr zahl 
reich, sie legten Zeugnis von dem blühenden Verkehrsleben ab. 
Die Organisationen entwickelten sich vielfach aus den Faktoreien 
der älteren Zeit (S. 50). Die Ansiedlung mit ihren Stapel 
plätzen, um ein Heiligtum gruppiert, wurde als religiöse Gemeinde 
aufgefaßt, bei der die wirtschaftliche Gemeinschaft klar zutage trat, 
wie denn überhaupt viele Kultvereine eigentlich Sterbe- und 
Unterstützungskassen gewesen zu sein scheinen. Manchmal hatten 
diese Korporationen monopolartige Privilegien, so wahrscheinlich 
diejenigen der Schiffer in manchen Flußgebieten. Je mehr das 
untergehende Rom die Rentabilität der Unternehmungen in Frage 
stellte, je mehr man sicher sein wollte, daß die im Marktverkehr 
übernommenen Funktionen ausreichend besorgt würden, desto stärker 
dachte man daran, die Individuen in den Bernsen festzuhalten 
und die Berufe mit neuen Mitgliedern zu ergänzen. Soweit das 
durch Privilegien und hohe Gewinne nicht mehr möglich war, 
wurde schon im 3., vielleicht aber auch erst im 4. Jahrhundert 
die Erblichkeit der Mitgliedschaft allgemein eingeführt. Es wurden 
Zwangsmittel aller Art angewendet, ja man ging zeitweilig 
sogar so weit, gesetzlich festzulegen, daß, wer die Tochter eines 
Vereinsgenossen heiratete, selbst Vereinsgenosse wurde. Wir sehen 
so im Altertum seit dem 4. Jahrhundert viele jener Erschei 
nungen, die wir aus dem Mittelalter kennen. Die Genossen 
schaften waren es, die der Regierung für die Steuern hafteten;
	        
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