58 Natürliche Bedingtheit.
8 bis 10 Malter Salz, 500 bis 600 Ohm Bier, 4 bis 5 lebende Ochsen mitnahmen. Ehe
ein Floß abfuhr, war es Sitte, daß der Steuermann die ganze Mannschaft zum Gebet
aufforderte, daß Gott eine glückliche Reise geben möget).“" ~ Die Flöße, wie
sie noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu Tage gingen, in denen zwischen
Nadelholzstämmen als Tragholz Eichenstämme eingebunden waren und auf denen als
„Oblast“ noch Bretter verfrachtet wurden, waren „schwimmenden Dörfern vergleichbar“
und bildeten in ihrer ungefügen Masse ein Hindernis und auch eine Gefahr für die
Schiffahrt. Heute findet man Flöße in der Größe dieser alten Rheinflöße nicht mehr.
Die gebundene Flößerei ist zwar auch heute noch für Rundholz von großer Be-
deutung, weil sie den Vorzug hat, ohne Triebkraft und ohne Benutzung von Fahrzeugen
mit verhältnismäßig geringen Arbeitskräften große Holzmasssen verfrachten zu können.
Sie wird jedoch heute fast nur noch auf den größeren Wasserläufen betrieben. Auf den
kleineren Wasserläufen ist die Flößerei, mit Ausnahme des Nordostens und des Süd-
ostens des Deutschen Reiches, sehr stark zurückgedrängt, ja vielfach völlig verschwunden,
weil die Ausnutzung unserer Gewässer durch industrielle Anlagen die Flößerei unmöglich
gemacht hat. Auf den größeren Wasserläufen dagegen hat sich die Flößerei nicht nur
erhalten, sondern auch technisch vervolllommnet. So werden z. B. heute auf dem Rhein
die Flöße größtenteils durch kleine Dampfer geschleppt. Selbst auf den kanalisierten
Flüssen, wie z. B. dem Main, hat sich die Flößerei zum Nutzen der Waldeigentümer
erhalten. Die Flöße sind jedoch viel kleiner geworden; so führen z. B. die heutigen
Rheinflöße nur noch etwa 500 bis 700 chm in einem Floßzuge und bestehen fast aus-
schließlich aus Nadelholzstämmen.
Die Floßfr acht ist sehr billig. Sie kostete z. B. vor dem Kriege auf der Strecke
Bamberg, Kitzingen, Marktbreit, Ochsenfurt nach Mainz, Schierstein 0,4 bis 0,7 Pfg. pro
Tonnenkilometer. Die Einrichtung von Sägewerken in der Nähe der Holzgewinnungsstätten
hat zwar den Floßverkehr bis zu einem gewissen Grade abgeschwächt. Auch die Klein--
bahnen haben einen Teil des Holzverkehrs an sich gezogen. „Gleichwohl hat die Floßfahrt
in Deutschland noch immer Bedeutung, wenn sie auch im ganzen gegen die Zeit vor dem
Weltkriege zurückgegangen ist. Im einzelnen haben sich dabei die Verhältnisse sehr verschoben.
Über deutsche Grenzen gingen 1913 an Flößen im ganzen 1,43 Millionen Tonnen ein und
nur 52 651 t aus; dagegen war der Eingang in Flößen 1919: 89 754 t und 1920:
58 357 t; der Ausgang 1919: 153 294 t und 1920: 148 957 kt. In den letzten Jahren
war der Hauptausgang an der niederländischen Grenze (1919: 153 294 t; 1920:
148 777 t), dagegen der Haupteingang an der tschechoslowakischen Grenze (1919: 81 815 t;
1920: 56 989 t). Der gesamte Grenzfloßverkehr war von 1,48 Millionen Tonnen im
Jahre 1913 auf 243 048 t im Jahre 1919 und auf 207 314 t im Jahre 1920 zurück-
gegangen . . . Von den deutschen Binnenhäfen hatte in den letzten Jahren Mainz bei
weitem den größten Floßverkehr. Er hat aber stark nachgelassen. Der Floßverkehr in
Mainz war 1919: 383 729 t, 1920: 349 427 t, 1921: 282 469 t, 1922: 219 224 t -)."
Die privatrechtlich en Verhältnisse der Flößerei sind durch das
Reichs ge s etz vom 15. Juli 1895 geordnet. Dieses später etwas abgeänderte
Gesetz ordnet die rechtliche Stellung des Floßführers und der Floßmannschaft, ferner die
Haftung für den durch die Floßfahrt verursachten Schaden usw.
1) Johann K e m pk en s, „Rhein und Rheinschiffahrt“, 2. Band der „Sozialen Studien-
fahrten“, M.-Gladbach 1912, S. 87.
?) R. van der Borght, „Das Verkehrswesen“, Leipzig 1925, S. 375/76.