Full text: Agrarkrisis und landwirtschaftliche Betriebsorganisation

[ 2 
wieder Regulierung der Preise nach unten, als ob der Staat die Menschen 
zwingen könnte, unterhalb der Selbstkosten zu produzieren. Nur wenn mehr 
gearbeitet, mehr produziert wird und wenn die Produktion durch Rationali- 
sierung der Arbeit verbilligt wird, können die Warenpreisse sinken und nur 
durch diese Mittel kann auch die Produktion wieder einträglicher gemacht 
werden. Staatshilfe brauchen wir bei einer Rationalisierung des Steuer- 
wesens, des Kreditwesens, des Verkehrswesens, der Verwaltungsmaschine 
und Ähnlichem. Aber auch hier müssen doch erst die Menschen da sein, 
welche diese Rationalisierung durchführen und die widerstrebenden Elemente 
zwingen können. Darum gilt es heute in erster Linie, daß sich jeder 
Stand und jeder Staatsbürger durch Mehrleistung selbst zu helfen sucht. 
Wie das aber anzufangen ist, darüber wollen wir uns jetzt weiter unterhalten. 
Die Frage, ob die deutschen Landwirte auch unter den außerordentlich 
schwierigen Geldverhältnissen, den hohen Preisen für die wichtigsten 
Produktionsmittel den Betrieb aufrecht erhalten können, oder gar noch in 
der Lage sind, die Produktion zu steigern, ist ja viel ventiliert worden. 
Klar ist, daß viele Landwirte dazu nicht mehr in der Lage sind, weil ihre 
Wechselschulden viel zu groß geworden sind. Die Zahl der Notverkäufe der Pacht- 
zessionen und der Zwangsverkäufe mehren sich daher heute in der Landwitschaft 
fast so schlimm wie in der Industrie und es ist zu befürchten, daß bis zur 
neuen Ernte noch manche Existenz zusammenbrechen wird. Das muß für die 
anderen Landwirte ein Menetekel sein, alle Kräfte anzuspannen, um dem 
gleichen Schicksale zu entgehen. Obenan steht dabei eine richtige Erkenntnis 
der heute gegenüber früher völlig verschobenen Produktionsbedingungen. Alles, 
was noch einigermaßen im Preise steht, muß bei der Produktion bevorzugt, 
forziert werden, und alle Produktionsmittel, die im Verhältnis zu den 
Produktionspreisen sehr verteuert sind, müssen bei der Produktion sparsamste 
Verwendung finden. Am günstigsten aber liegen diese Preisspannungen 
heute bei der Milchproduktion. Einmal stehen Milch und Molkereiprodukte 
troß niedrigen Zollschuzes relativ hoch im Preise, im Verhältnis dazu 
aber sind die Kraftfuttermittel und auch die Kunstdüngemittel für Wiesen 
und Weiden billig, erheblich billiger als vor dem Kriege. Besonders aber 
beansprucht die Milchproduktion relativ wenig Arbeit oder kann doch auf 
geringen Arbeitsbedarf umgestellt werden, so daß die gestiegenen Löhne hier 
wenig in die Wege fallen. 
Darum gilt es die Milchproduktion mit allen Mitteln zu fördern. 
Das Wichtigste dabei ist heute aber die Ausmerzung aller schlechten Milch- 
tiere und Ersatz derselben durch gute. Dieser Umtausch ist noch nie so 
billig gewesen wie heute, denn vorzügliches Zuchtvieh ist heute im Osten 
zu ungewöhnlich niedrigen Preisen zu haben. Eine alte holsteinsche Bauern- 
regel besagt, daß man für eine junge Milchkuh mindestens soviel bezahlen 
e;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.