Full text: Denkschrift über die Maschinenindustrie der Welt, bestimmt für das Komitee B des Vorbereitenden Ausschusses der Internationalen Wirtschaftskonferenz des Völkerbundes

H. Maschinenindustrie und internationale Arbeitsteilung, 
Dieser gegenseitige internationale Austausch gerade in Maschinen 'beruht auf dem inner- 
sten Wesen der Arbeitsteilung. Jedes Volk, das an der Entwicklung der Technik mit- 
arbeitet, macht sich damit auf dem Gebiete des zivilisatorischen Fortschrittes, der keine 
nationalen. Schranken kennt, nützlich und wichtig. Diese Mitarbeit ‚befähigt jedes Volk zu 
immer neuen eigenen Erfindungen und Fortschritten auf dem Gebiete der Maschinen- 
technik, die einerseits durch das internationale Patentrecht geschützt, andererseits von allen 
anderen mitarbeitenden Nationen benutzt werden müssen, wenn sie nicht ihrerseits zurück- 
bleiben und den Anschluß an die vorderste Linie der Entwicklung verlieren wollen. 
Der alte Streit zwischen Schutzzoll und Freihandel, der durch manche Ereignisse und 
Stellungnahmen der letzten Zeit in ein neues Stadium getreten zu sein scheint, kann selbst- 
verständlich nicht an dieser Stelle aufgenommen werden. Wie man. aber auch grundsätzlich 
und für andere Wirtschaftsgebiete zu dieser Frage stehen möge, so. ergibt sich jedenfalls aus 
dem eben Ausgeführten für die Frage der Maschinenzölle folgendes: 
a) Solange die übrige Wirtschaft eines Landes noch nicht hinreichend industrialisiert ist, 
dürfte es nicht möglich sein, durch Schutzzölle auf Maschinen eine leistungsfähige Maschinen- 
industrie .hochzuzüchten und lebensfähig zu erhalten. Wohl aber werden solche Zölle die 
Industrialisierung der ‚übrigen Wirtschaft erschweren, der sie die Produktionsmittel ver- 
teuern, und damit wird letzten Endes nur die Bildung der Voraussetzungen beeinträchtigt, 
die für das Wachstum einer eigenen Maschinenindustrie notwendig ‚sind. 
b) Ist aber die übrige Wirtschaft mit Hilfe eingeführter Produktionsmittel hinreichend 
industrialisiert und ‚sind die Bedingungen für die Entstehung einer eigenen Maschinen- 
industrie gegeben, so wird sich diese Maschinenindustrie mit innerer Zwangsläufigkeit auch 
ohne Nachhilfe durch ‚hohe Schutzzölle entwickeln. Allenfalls könnten innerhalb dieses 
eng begrenzten Entwicklungsstadiums vorübergehende Erziehungszölle im engsten Sinne des 
Wortes (insbesondere Degressivzölle) in Frage kommen. 
Solche Erziehungszölle würden spätestens in dem Augenblick überflüssig werden, in dem 
die Maschinenindustrie soweit erstarkt ist, daß sie sich der Ausfuhr und dem Wettbewerb 
auf den offenen Weltmarkt zuwenden kann. Von diesem Augenblick an ist auch ein Schutz- 
zoll nicht nur nicht mehr nötig, sondern auch gar nicht mehr ausnutzbar, da bei einem 
exportierenden Industriezweig der Zoll im Inlandspreis nur durch monopolistische Preis- 
kartelle ausgenutzt werden kann, die Maschinenindustrie sich aber zur Bildung derartiger 
Kartelle im allgemeinen nicht eignet. 
Diese Tatsache steht auf dem Gebiet der Maschinenindustrie auch einer internationalen 
Kartellierung, auf die zur Zeit starke Tendenzen der internationalen Wirtschaftsentwicklung 
hinzuweisen scheinen, und in welcher das wichtigste Vorprodukt der Maschinenindustrie 
(Eisen) eine führende Rolle spielt, entgegen. 
Aus solcher Schwierigkeit internationaler Kartellierung folgt jedoch keineswegs, daß 
die Maschinenindustrie sich dem Zuge der Zeit nach internationaler Annäherung und ver- 
ständnisvoller internationaler Zusammenarbeit entziehen dürfte. 
Im Gegenteil, ein gegenseitiges Kennenlernen und eine stärkere persönliche Fühlung 
zwischen den Maschinenindustrien der verschiedenen Länder wird dahin wirken, das viel- 
fach durch Unkenntnis hervorgerufene gegenseitige Mißtrauen abzubauen und der Über- 
zeugung zum Durchbruch zu verhelfen, daß alle Maschinenbauer aller Länder Mitarbeiter 
am Fortschritt der menschlichen Zivilisation sind, und daß der Beitrag keines Landes ent- 
behrt werden kann, ohne diesen Fortschritt zu verlangsamen. 
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