Kapitel IL
Die Verhältnisse in der Kriegszeit.
ER u Der Kriegsausbruch mußte bei der völligen Umwälzung, die er herbei-
Kriegsbeginn führte, von einschneidender Bedeutung für das gesamte gewerbliche Leben
Er aa und erforderte somit auch gesetzliche Maßnahmen, die auf die Arbeits-
verhältnisse Einfluß ausübten. Das Gesetz betr. Ausnahmen von
Beschäftigungsbeschränkungen gewerblicher Arbeiter vom 4, August 1914')
ermöglichte für die Dauer des Krieges Ausnahmen von gewissen Be-
stimmungen der Gewerbeordnung von seiten des Reichskanzlers „allgemein
oder für bestimmte Bezirke oder für bestimmte Arten von Anlagen und,
soweit er nicht Bestimmungen erläßt, von seiten der höheren Ver-
waltungsbehörde für einzelne Betriebe auf Antrag”. Da das Buchdruck-
gewerbe nicht zu denjenigen Gewerben gehörte, für die auch in der
Vorkriegszeit eine gesetzliche Regelung der Arbeitszeit für die er-
wachsenen männlichen Arbeiter gegeben war‘) und das erwähnte Gesetz
sich außer auf solche Gewerbe hauptsächlich auf die gesetzlichen
Bestimmungen für Arbeiterinnen und für jugendliche Arbeiter bezog,
so dürfte dieses Gesetz auf die Arbeitsverhältnisse im Buchdruckgewerbe
keinen oder nur geringen Einfluß gehabt haben. Die gelernte Arbeiter-
schaft des Buchdruckgewerbes wurde von diesen gesetzlichen Be-
stimmungen nicht betroffen, nur allenfalls die Hilfsarbeiterinnen und die
Lehrlinge. Die gesetzliche Regelung?) war sicherlich von geringer Be-
deutung für das Buchdruckgewerbe zu Kriegsbeginn und war im weiteren
Verlaufe des Krieges günstigstenfalls eine Grundlage für die Regelung
der Beziehungen der fraglichen Arbeiterkategorie. Ausschlaggebend waren
diese gesetzlichen Bestimmungen nicht, sondern nur die tariflichen,
1) Reichsgesetzblatt 1914, S. 333—334.
2) S 120f der Gewerbeordnung,
3) Diese ermöglichte unter anderem die Aufhebung der täglichen Arbeitsdauer für Arbeiterinnen
von 10 Stunden, eine Aufhebung des Verbotes der Arbeitszeit am Sonnabend und Vorabend von
Festtagen von länger als 8 Stunden, sowie des Verbotes, am Vorabend von Festtagen Arbeiterinnen
nach 5 Uhr nachmittags arbeiten zu lassen, ferner Aufhebung der gesetzlichen Bestimmungen der
Gewerbeordnung, daß junge Leute zwischen 14 und 16 Jahren nicht länger als 10 Stunden arbeiten
dürften und ähnliches.
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