Kap. I. Die Wirtschaft im allgemeinen.
Forderung auf Wirtschaftlichkeit erweitert. In einem ersten Überblick
über die menschliche Wirtschaft können wir annehmen, daß die per-
sönlichen Leistungen in bestimmten Mengen zur Verfügung stehen.
Diese Voraussetzung werden wir in diesem ersten Buche aufrecht-
erhalten. Danach müssen wir aber auch die Bedingungen untersuchen,
unter welchen eventuell eine Vermehrung dieser Leistungen durch den
freien Willen der wirtschaftenden Menschen gewonnen werden kann.
Durch die jetzt angegebenen Forderungen ist die Forderung nach
Wirtschaftlichkeit so weit charakterisiert, wie es in diesem vorberei-
tenden Stadium möglich ist. Mit dem Inhalt und den Konsequenzen
dieser Forderungen werden wir uns im folgenden beschäftigen. Die For-
derung selbst, also die Forderung, daß die unter gegebenen Verhält-
nissen höchstmögliche Bedürfnisbefriedigung erreicht werden soll, werden
/wir als das allgemeine wirtschaftliche Prinzip bezeichnen.
Im wirklichen Leben wird natürlich die Forderung auf Wirtschaft-
lichkeit nicht genau beobachtet. Oft wird sogar sehr unwirtschaftlich
gehandelt. Eine gleichmäßige Verteilung der Mittel der Bedürfnis-
befriedigung auf die Zeit oder auf die verschiedenen Arten der Bedürf-
nisse ist ein Idealbild, das vielleicht nie vollständig verwirklicht wird,
von dem das wirkliche Leben sogar zuweilen ziemlich schroff ab-
weicht. Der junge Student oder Künstler verausgabt nicht selten in
einigen wenigen Tagen, was eigentlich für einen Monat oder länger
ausreichen mußte, um dann recht kümmerlichen Tagen entgegenzugehen.
In ganzen Klassen von Frauen herrscht die Sitte, für Kleider so viel
auszugeben, daß für eine hinreichende Nahrung zu wenig übrigbleibt.
Auch lehrt uns die Erfahrung, daß das Prinzip des kleinsten Mittels im
täglichen Leben nur sehr unvollständig zum Ausdruck kommt und
eigentlich nur in gewissen musterhaften Geschäftsbetrieben mit einiger
Strenge durchgeführt wird. Ebensowenig wird mit den eigenen Arbeits-
kräften vernünftig gewirtschaftet. Einerseits sehen wir den Mann, der
sich bis zum Tode überarbeitet, um Geld zu verdienen, von dem wenig-
stens er persönlich sehr wenig Freude hat, andererseits den Faulenzer,
der schlimm daran ist, aber sich nicht zu ernsten und anhaltenden An-
strengungen, die seine Lebensstellung verbessern könnten, zu erheben
vermag. In solchen Fällen fehlt eben eine richtige Abwägung zwischen
Mühe und Bedürfnisbefriedigung.
Was .die Wirtschaft von anderen menschlichen Tätigkeiten unter-
scheidet, oder vielmehr als eine besondere Seite menschlicher Tätig-
keiten kennzeichnet, ist demgemäß nicht, daß nach dem allgemeinen
wirtschaftlichen Prinzip auf wirtschaftlichem Gebiete gehandelt wird,
sondern daß das Handeln von diesem Gesichtspunkt aus beurteilt
werden kann und daß, wie auch gehandelt werden mag, die ganze Wirt-
schaft vom Prinzip der Knappheit beherrscht wird, d. h. der unumgäng-
lichen Notwendigkeit unterworfen ist, eine Übereinstimmung zwischen
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