838. Das Angebot v. Arbeit als bestimmt d. d. Arbeitsangebot pro Arbeiter. 327
in den stillen Perioden der Saisonberufe, wird eine solche Teilung der
erminderten Beschäftigung häufig mit Vorteil durchgeführt. Als nor-
nales Mittel gegen Arbeitslosigkeit ist die Methode sehr gefährlich, da
je eine unnötig große Menge Arbeiter innerhalb eines Berufs behält,
nd dieselben sämtlich in einen Zustand von chronischer Unterbeschäf-
igung und entsprechend herabgedrückter Lebensführung versetzt.
Untersuchen wir jetzt, welche Wirkung der Arbeitslohn selbst auf
das individuelle Arbeitsangebot haben mag. Für diejenige Theorie, die
im Arbeitslohn prinzipiell einen Preis sehen will, der bezahlt werden
muß, damit eine bestimmte Menge von Arbeit geleistet werden kann,
und die also den Arbeitslohn begrifflich als ein dem Opfer der Arbeits-
leistung entsprechendes Kostenelement auffaßt, erhält die Abhängigkeit
der individuellen Arbeitsleistung vom Arbeitslohn eine Stellung im ersten
Plane, die ihr die Wirklichkeit gar nicht zuweist. Was zunächst die täg-
iche Arbeitszeit betrifft, so geht schon aus dem oben Gesagten hervor,
daß sie wesentlich durch andere Faktoren als den Lohn bestimmt ist.
edenfalls kann keine Rede davon sein, daß ein steigender Lohn zu einer
Verlängerung der täglichen Arbeitszeit aufmuntert. Im Gegenteil können
ir als normalen Zug der Entwicklung feststellen, daß mit steigendem
Arbeitslohn die Ansprüche auf Verkürzung der Arbeitszeit immer stärker
ervortreten und sich auch durchzusetzen vermögen. Die sogenannte
„Unannehmlichkeitstheorie‘“ (‚„disutility theory‘), nach welcher der
Arbeitslohn eben die Unannehmlichkeit der letzten Verlängerung des
Arbeitstages decken soll und durch diese Bedingung bestimmt wird,
erscheint als eine ziemlich inhaltslose theoretische Konstruktion, be-
sonders angesichts der Tatsache, daß der einzelne, der doch allein eine
irkliche Empfindung dieser Unannehmlichkeit haben kann, wie oben
gesagt, praktisch keinen Einfluß auf seine tägliche Arbeitszeit hat.
- Die Qualität der dargebotenen Arbeit steht dagegen unzweifelhaft
in einer gewissen Abhängigkeit vom Arbeitslohn. Die Intensität der
modernen Arbeit setzt notwendig eine entsprechend hohe Lebenshaltung
der Arbeiter voraus, und der Arbeitslohn kann gewissermaßen den not-
endigen Unterhalts- und Betriebskosten der Maschinen gleichgestellt
erden. Dabei muß jedoch wieder beachtet werden, daß eine Erhöhung
des Arbeitslohns keineswegs sicher, noch weniger unmittelbar, eine
Stärkung der Effektivität der Arbeit herbeiführt. Eine solche Wirkung
des höheren Arbeitslohns ist vielmehr wesentlich von anderen Voraus-
setzungen mit bedingt, die sich auf den Volkscharakter, das Erziehungs-
esen, die allgemeine Konsumtionsrichtung usw. beziehen. Eine Steige-
rung der Lebensführung des Arbeiters und damit der Effektivität der
TR ist meistens auch nur das Ergebnis einer langsamen Entwicke-
ung, läßt sich nicht einfach mit einer Erhöhung des Arbeitslohns
kaufen. Der sozialpolitische Wert einer Lohnsteigerung scheint in hohen