Full text: Theoretische Sozialökonomie

x Kap. VIII. Der Arbeitslohn. 
Arbeiter und ähnliche Momente. In diesen Forderungen liegt, wie $ 32 
bemerkt, der zentrale Inhalt des sozialistischen Programms einer „Ab- 
schaffung des Lohnsystems‘‘. 
Durch die genannten Forderungen wird indessen offenbar ein ganz 
neues Ziel für die Preisbildung aufgestellt. Während die Preisbildung 
der Tauschwirtschaft nach unseren grundlegenden Untersuchungen prin- 
zipiell nur den Zweck hat, die Konsumtion so zu beschränken und die 
Anwendung der Produktivkräfte der Tauschwirtschaft so zu leiten, 
eventuell auch das Angebot dieser so zu stimulieren, daß Übereinstim- 
mung zwischen Angebot und Nachfrage hergestellt wird, stellen die so- 
zialistischen Forderungen auch noch den Anspruch an die Preisbil- 
dung, daß sie die gesellschaftliche Einkommensverteilung regulieren 
soll und zwar nach selbständigen, objektiv-ethischen Gründen unter Aus- 
schluß aller Rücksichten auf die Marktlage. Dieser Anspruch ist aber, 
wie leicht zu sehen ist, unvereinbar mit dem allgemeinen tauschwirt- 
schaftlichen Zweck der Preisbildung. Die Preisbildung ist, wie unsere 
Untersuchungen ergeben haben, durch diesen Zweck im großen. be- 
stimmt und kann folglich keiner zweiten Bedingung unterworfen werden. 
Bei einer Preisbildung, die eine bestimmte Einkommensverteilung 
durchsetzen will, ist es offenbar nicht möglich, gleichzeitig sowohl die 
Freiheit der Konsumtion wie die Freiheit der Berufswahl, der Ortswahl 
und der Fortpflanzung, mit einem Worte -die Freiheit des Angebots an 
Arbeitskraft aufrechtzuerhalten, und die Verwirklichung der soziali- 
stischen Wünsche müßte also wesentliche Werte der Tauschwirtschaft 
preisgeben. 
Es liegt in der Natur der Tauschwirtschaft, daß sowohl Lohn wie 
Beschäftigung Ausdrücke für die Nachfrage nach Arbeitsleistungen 
bei einem bestehenden Angebot sind. Der viel umschriebene „Wert“ der 
Arbeit kann in der Tat nur als der Preis. der Arbeit im oben unter- 
suchten, vom Prinzip der Knappheit beherrschten, idealen Preisbildungs- 
prozeß definiert werden.‘ Mit dieser Definition ist auch der einzig mögliche 
Inhalt solcher etwas unbestimmten, aber sehr beliebten und viel aus- 
genutzten Ausdrücke, wie „der volle Arbeitsertrag‘, „der wahre Anteil 
des Arbeiters im Produktionsergebnis‘‘ usw., scharf und klar angegeben. 
Eine Preisbildung, die den Arbeitslohn nach dem Prinzip der Knappheit 
bestimmt, steht der Einkommensverteilung der Gesellschaft indifferent 
gegenüber. Will man diese Preisbildung unter Bewahrung der Grund- 
Jagen der Tauschwirtschaft zugunsten der einen oder anderen Gruppe 
von Arbeitern beeinflussen, so liegt kein anderer Weg offen, als der 
einer Regulierung des „Werts‘ der Arbeit, also einer Beeinflussung der 
Marktlage in solcher Richtung, daß der Preis der Arbeit gesteigert wird. 
Zu einer derartigen Regulierung des Arbeitsmarkts bieten sich nach 
unseren früheren Ausführungen schon in der bestehenden Tauschwirt- 
schaft verschiedene Mittel. Dahin gehören sozialpolitische Maßnahmen, 
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