u Kap. IX. Analyse des Geldwesens usw.
stehen sollte, und wir können sicher annehmen, daß schon auf sehr
frühen Stufen solche Verhältnisse gewohnheitsmäßig festgestellt und
anerkannt waren. Es war dann möglich, sich im voraus eine bestimmte
Gegengabe auszubitten und das Bedürfnis des Tausches konnte lange
in der alten Form von Geschenk und Gegengeschenk befriedigt werden.
Überall wo sich der Tausch zu einer normalen wirtschaftlichen Ge-
wohnheit entwickelte, hat er sich aller Wahrscheinlichkeit nach an-
fänglich und noch lange Zeiten nach herkömmlichen, vielleicht priester-
lich oder obrigkeitlich festgestellten Taxen vollzogen. Die Leistung
von Abgaben verschiedener Art hat wahrscheinlich auch sehr früh eine
bestimmte Tarifierung verschiedener Güter, welche als Zahlung an-
genommen wurden, notwendig gemacht. Denn selbstverständlich mußte
es in der Regel den verschiedenen Völkern, Stämmen und Einzel-
wirtschaften gestattet werden, die Abgaben in den Produkten, die sie
am leichtesten beschaffen konnten, zu entrichten.
Taxen, welche die relativen Wertverhältnisse verschiedener Güter
feststellen, sind aus den beiden angegebenen Gründen ein wirtschaft-
liches Bedürfnis, das sich allgemein auf den frühesten Stadien der Ent-
wicklung der Tauschgewohnheiten hat geltend machen müssen. Auch
sind solche Taxen sowohl aus alten Inschriften wie auch aus primitiven
Wirtschaftsverhältnissen der Gegenwart bekannt. Wahrscheinlich ist
die Sitte bald vorherrschend geworden, die Werte verschiedener Güter
auf ein gemeinsames Gut, ein ‚„Standardgut‘‘, zu beziehen und zwar
entweder so, daß eine Einheit des Standardgutes gleich so und so vielen
Einheiten jedes der übrigen Güter, oder so, daß eine Einheit jedes der
übrigen Güter gleich so und so vielen Einheiten des Standardgutes
gesetzt wurden. Jedoch ist diese Wertschätzung der Güter in einem
gemeinsamen Standardgut unter primitiven Verhältnissen immer nur
für getrennte Gruppen von Gütern durchgeführt, und jede solche Gruppe
hat ihr eigenes Standardgut. Auf frühen Kulturstufen ist nämlich
die sehr natürliche Vorstellung vorherrschend, daß sehr wertvolle Güter
nicht gegen wesentlich niedriger geschätzte. ausgetauscht werden
können. So z. B. soll Elfenbein in Afrika nur gegen gewisse hoch-
geschätzte Waren, nicht aber gegen geringwertige austauschbar ge-
wesen sein. Übrigens hat die genannte Vorstellung noch lange, auch
nach der Entwicklung einer Geldwirtschaft, Einfluß ausgeübt, was be-
sonders durch verschiedene Maßregeln und Begründungen der merkanti-
listischen Politik ersichtlich wird.
Wenn also die frühen Tarife für die Schätzung der Güter in ver-
schiedene getrennte Teile zerfielen, so hat sich das Bedürfnis, diese
Teiltarife zu einem zusammenhängenden zu vereinen, doch allmählich
geltend gemacht. Dieses Ziel war erreicht, sobald bestimmte Wert-
beziehungen zwischen den verschiedenen Standardgütern zur Geltung
gelangten. Man hatte dann eine einheitliche Rechnungsskala, nach
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