die für die Frage des Anlernens wiederum wenig Anhaltspunkte bietet.
Bekannt sind die Arbeiten von Taylor und Gilbreth, welche die Arbeits-
weise vom technischen und physiologischen Standpunkt aus zu rationali-
sieren. versuchen und dafür entsprechende Anweisungen geben. In der
Frage des Anlernens bleiben auch sie bei den üblichen empirischen
Methoden stehen. Der psychologischen Seite des Problems haben sie
keine genügende Aufmerksamkeit geschenkt.
Mit der Ausbildung von Straßenbahnwagenführern beschäftigt sich
eingehender!) Tramm in Berlin. Aus seinen Darlegungen ist ersicht-
lich, daß er großen Wert auf die Anschaulichkeit des Unterrichts legt.
Damit berührt er eine psychologische Seite des Problems des Anlernens,
der auch wir besondere Bedeutung beimessen?). Tramm hat auf die
Aermel des Wagenführers weiße Bänder anbringen lassen, damit die
zuschauenden Lehrlinge den Gang der Bewegungen anschaulicher be-
obachten konnten. Bei der photographischen Festlegung dieser Bewe-
gungen kamen diese weißen Streifen recht gut zur Wirkung, so daß die
Photographien auch zur Aufklärung und. Belehrung der neuen Kandi-
daten benützt werden konnten. Wichtiger als das Zuschauen bleibt der
Umstand, daß der Lernende die Bewegungen an sich selber erfährt, sie
unmittelbar erlebt. Wir werden im III. Kapitel Anlaß finden, auf die
Wichtigkeit des unmittelbaren Erlebens der richtigen Handlungen zu-
Tückzukommen.
Bei der Berliner Straßenbahn wurden nach Tramm Stromkurbelma-
Nipulationen gruppenweise geübt in zwei Ablösungen. Während die
eine Ablösung übt, schaut die andere Ablösung zu. Es ist ganz gut denk-
bar, daß die psychische Einstellung der Einzelnen für das «BEindrillen»
der Bewegungen für dieses «Gruppenexerzieren» begünstigt wird. Trotz-
dem müssen wir aus folgenden Gründen von der gruppenweisen Instruk-
tion absehen. Während der Instruktion kann der Lehrmeister auf ein-
Mal nur einen Lernenden richtig anleiten und beobachten; dabei ist we-
Sentlich, daß das Einüben unmittelbar auf die Instruktion folgt. Beide
Sind wohl gedanklich, nicht aber praktisch trennbar; um die Bewegung
Wirklich zu erleben, was ja der Sinn der Instruktion ist, muß sie daher
vom Kandidaten selber ausgeführt werden, und zwar so, wie sie für ihn
Wesentlich ist, nämlich als volles Bewegungserlebnis, für das die äußer-
liche Wahrnehmung kein bedeutungsvoller Ersatz ist. Darum erscheint
es uns von vorneherein ratsamer, nach Möglichkeit die Einzelausbildung
anzustreben. Auf alle Fälle sollte die Zahl der Lernenden, die gleich-
zeitig einem Instruktor zugeteilt wird, zwei oder drei Schüler nicht über-
Schreiten, sonst leidet die Exaktheit und Raschheit der Instruktion. Außer-
dem erschwert eine zu große Zahl von Zuschauern außerordentlich eine
dem Charakter des Einzelnen angepaßte individuelle Behandlung. Tramm
1) „Psychotechnik und Taylorsystem“, Verlag J. Springer, Berlin 1921.
2) Siehe das Kapitel über die Instruktionstafel für die Erlernung des Fahrens.
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