Die Konzerne in der Elektrizitätswirtschaft
E giebt in der deutschen Wirischaft kein Gebiet, das sich so sehr für die zentrale
Bewirtschaftung eignet wie die Krafterzeugung und Kraftverteilung. Leider besteht
in der deutschen Elektrizitätswirtschaft noch eine außerordentliche Zersplitterung der
Produktion und der Organisation. Die Tatsache, daß zurzeit in Deutschland rund 3250
Elektrizitätswerke bestehen + gegenüber 4000 im Jahre 1913 — zeigt deutlich, daß
auf dem Gebiet der Krafterzeugung und Stromversorgung bei weitem noch nicht das
notwendige Maß der Konzentration und der Rationalisierung erreicht worden ist. Dabei
fällt zunächst wenig ins Gewicht, daß in der angegebenen Zahl auch Werke enthalten sind ~
und das ist die überwiegende Mehrzahl > die nicht als rechtlich und wirtschaftlich selb-
ständige Unternehmungen angesprochen werden können. Wenn in der Krafterzeugung ein
wirtschaftlicher Nutzen erzielt werden soll, muß auf alle Fälle eine strammere Zusammen-
fassung der Elektrizitätswerke erfolgen, als wie dies bisher geschehen ist. Daß dabei die
Art der Konzentration für die Möglichkeit der Erzielung eines Nutzens in volkswirt-
schaftlichem Sinne von ausschlaggebender Bedeutung ist, braucht nicht besonders hervor-
gehoben zu werden.
Gewisse in letzter Zeit erfolgte wirtschaftsstatistische Untersuchungen lassen zum Teil
die Konzentrationsbewegung in der Elektrizitätswirtschaft in einem Licht erscheinen, das
leicht zu einer falschen Auffassung der tatsächlichen Verhältnisse verleiten kann. So kommt
beispielsweise das Statistische Reichsamt in seiner Denkschrift über „Konzerne, Interessen-
gemeinschaften und ähnliche Zusammenschlüsse im deutschen Reich Ende 1926“ zu dem
Ergebnis, daß von den am Schluß des Jahres 1926 in Deutschland vorhandenen 206
Aktiengesellschaften der Elektrizitätsgewinnung und Elektrizitätsversorgung mit einem
Nominalkapital von 1,349 Milliarden Mark 135 Aktiengesellschaften mit einem Nominal-
kapital von insgesamt 1,117 Milliarden Mark in Konzernen zusammengefaßt sind. Nach
den Erhebungen des Statistischen Reichsamts beträgt das Aktienkapital der in Konzernen
zusammengeschlossenen Unternehmungen der Krafterzeugung und Kraftversorgung + bezogen
auf das Gesamtkapital der in der Elektrizitätswirtschaft vorhandenen Aktiengesellschaften
82,8 v H. Abgesehen davon, daß sich die Untersuchungen des Statistischen Reichsamts
nur auf Aktiengesellschaften beziehen und daß nicht ersichtlich ist, ob eine Trennung der
Produktions-, Finanzierungs- und Verwaltungsgessellschaften vorgenommen wurde, leidet
die Konzernstatistik daran, daß keine Unterscheidung gemacht wird zwischen einer produktions-
technischen, auf Gleichstellung beruhender Konzentration und einer solchen, die auf macht-
politische Einflußnahme zurückzuführen ist. Diese Unterscheidung, oder doch zum mindesten
ein Hinweis auf die unterschiedliche Struktur der Konzentration, ist aber dringend not-
wendig und zwar um so mehr, als bei Betrachtung der Konzentrationsverhältnisse in der
deutschen Elektrizitätswirtschaft das Beherrschungselement im Vordergrund steht. Wohl ist
ein großer Prozentsaz der in Deutschland vorhandenen Elektrizitätswerke als rechtlich
selbständige Unternehmungen durch finanzielle Einflußnahme, insbesondere durch Effekten-
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