Full text: Die Gesellschaftswissenschaft

in den Städten des 15. Jahrhunderts als die höchste Ausbildung 
kommunaler Tätigkeit oder als das Erwachen neuer politischer 
Ideen anzusehen sei. 
Keine Frage, jene universelle Natur der Gemeinden zeigt 
sich nicht immer noch überall. Insbesondere besteht der tief- 
greifende Gegensatz von Dorf und Stadt, ein Gegensatz, der in 
voller Schärfe notwendig zu sein scheint, um das Aufblühen 
wirklicher Städte in einem Ackerbaustaate zu ermöglichen. (Über 
ein Mehr oder Weniger mag sich rechten lassen, wenn man der 
englischen Städte gedenkt.) Nur als Gewerbsgenossenschaften, 
streng abgeschlossen durch Bannrechte, erwuchsen die germanischen 
Städte zu einer Blüte, welche den Orientalen und Slawen mit 
ihren großen Dörfern unereicht blieb. Dasselbe ökonomische 
Prinzip lag den Markgenossenschaften zugrunde. Aber sobald der 
Staat sich vom Feudalismus gänzlich befreit, erlangen auch die 
Gemeinden durch Gewerbefreiheit und Gemeinheitsteilung wesent- 
lich politische Natur). Ein gewisser ökonomischer Partikularis- 
mus haftet ihnen immer an. Die Sorge für Handel und Wandel 
ist das erste ihrer Geschäfte; besonders die des Dorfes werden 
fast ganz von der Landwirtschaft bestimmt. Ebenso wird die 
Gemeinde ihrer Natur als einer „Apökie von Familien‘“?) nie 
ganz vergessen; persönliche Verhältnisse spielen in ihr eine weit 
größere Rolle, als in rein-politischen Institutionen. Überhaupt 
geht neben dem ‚politischen Leben der Gemeinde ein rein 
lokales her; hier ist der Punkt, wo auch die Gemeinde partiku- 
laristisch ist. Trotzdem bleibt sie ein Glied des Staates; daß ihr 
Leben nicht ganz in dem seinen aufgeht, überrascht keinen, der 
in dem Staate mehr sieht, als einen Mechanismus. Ist nun diese 
lokale Seite des Gemeindewesens einer abgesonderten wissenschaft- 
lichen Behandlung fähig ? Eine Wissenschaft kann nur betrachten, 
was den Gemeinden gemeinsam ist, und dies ist die Ausführung 
der Staatszwecke in engeren Kreisen; so kommt man vom Wesen 
der Gemeinden notwendig auf den Staat. Was außerdem jeder 
einzelnen Gemeinde eigentümlich ist, entzieht sich, als lediglich 
lokaler Natur, der systematischen Behandlung ; solche Tatsachen 
*) Es ist also das gerade Gegenteil der Wahrheit, wenn man gemeint. 
hat, eine Gilde, eine religiöse Genossenschaft werde zur Gemeinde, so+ 
bald der Staat das Gewerbswesen, die Religion in den Kreis seiner Tätig- 
keit ziehe (Brackenhöft in Weiskes Rechtslexikon IV, 491ff.). 
2) Arist. Pol. 1, 2. 
m 
n
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.