Full text: Das Flammenzeichen vom Palais Egmont

10; Der Kampf Afrikas um seine Befreiung. 
licher Koalitions- und Organisationsfreiheit, aller politischen und legislativen Rechte be- 
raubt, oder hat derartige Rechte nur einer geringfügigen Minderheit von Eingeborenen ge- 
währt, die reicher als die anderen und bereits korrumpiert waren. Dazu kommt eine syste- 
matische Verdummung, die durch Alkohol, Einführung neuer Religionen, Schließung der 
Schulen in arabischer Sprache, die vor der Kolonisation bestanden, erzielt wird. Und endlich, 
— um dies Werk würdig zu krönen —, reiht der Imperialismus die Eingeborenen in seine 
Heere, die dazu bestimmt sind, die Kolonisation durchzuführen, in den imperialistischen 
Kriegen als Werkzeug zu dienen und die revolutionären Bewegungen in den Kolonien und 
im Mutterlande zu ersticken. 
Gegen diese Kolonialpolitik, gegen diese Unterdrückung, haben sich die arbeitenden 
Bevölkerungen Nordafrikas zu einem dauernden und mit allen verfügbaren Mitteln zu 
führenden Kampfe zusammengeschlossen, um das Ziel, das ihre augenblicklichen Bestre- 
bungen umschließt, zu erreichen: die nationale Selbständigkeit. 
Die Lage in Algerien und die wesentlichen Forderungen des Algerischen Volkes. 
Im Jahre 1830 entsandte der französische Imperialismus seine ersten Truppen zur Er- 
oberung Afrikas. Im Laufe einer Reihe von Kämpfen, während derer die Algerier den fran- 
zösischen Truppen 15 Jahre hindurch erbitterten Widerstand leisteten, zerbrachen die Bajo- 
nette des kapitalistischen Frankreichs den Freiheitswillen des algerischen Volkes. 
Seit jener Stunde haben systematische, brutale Unterdrückung und Enteignung das 
algerische Volk zwar nicht auf den Weg sozialen Fortschrittes, wohl aber der Sklaverei 
geführt. Heute sind zwei Millionen achthunderttausend Hektar Landes in den Händen 
europäischer Kapitalisten, und zwar sind dies die besten, fruchtbarsten und an Boden- 
schätzen reichsten Ländereien. Die enteigneten Familien der Eingeborenen mußten den 
neuen Besitzern des Bodens die Kraft ihrer Arme verkaufen oder in die städtischen Zentren 
auswandern. 
Aber der französische Imperialismus begnügt sich nicht damit, die einheimische Be- 
völkerung Algeriens zu enteignen. Zu gleicher Zeit hat er ein System politischer Beherr- 
schung aufgerichtet, die ehrwürdigen Formen mohammedanischer Demokratie des Dorfs 
(Duar) und der Stämme (Provinzen), die vor der Kolonisation in Kraft waren, zerstört und 
nur eine Karikatur dieser Formen bewahrt. Er hat die Eingeborenen von der Führung der 
Staatsgeschäfte ausgeschaltet und die gesamte politische Macht in die Hände eines General- 
gouverneurs gelegt, der einen ganzen Stab von Beamten hat, die seine Verordnungen auszu- 
führen haben (Steuereinziehung, Durchführung der Strafgesetze usw.). Diese Lage der Dinge 
ist in dem sogenannten Eingeborenen-Gesetzbuch rechtlich niedergelegt, das die Eingeborenen 
zu Untertanen stempelt, die aller politischen Rechte beraubt und Ausnahmegesetzen unterwor- 
fen sind (Strafgerichtshöfe für Verbrecher, Überwachung, Kollektiv-Verantwortung). Das 
Bürgerrecht ist nur einer schwachen Minorität von Eingeborenen vorbehalten, die von dem 
französischen Imperialismus „assimiliert‘ worden sind. Allein die Europäer und jene ein- 
geborenen „Bürger“ haben die gleichen politischen Rechte wie die französischen Bürger 
und dürfen ihre Vertreter in die Duarien und Finanzdelegationen entsenden (Aufstellung 
und Verteilung des Budgets). Das bedeutet, daß 800 000 Europäer und einige Zehntausend 
„guter‘ Eingeborenen ıhre Vertreter wählen, während fünf Millionen, das heißt die ge- 
waltige Mehrheit der Bevölkerung keinerlei Rechte besitzen. Zum Ausgleich dürfen sie 
Steuern zahlen und Kriegsdienst leisten. 
Auch auf kulturellem Gebiete verrichtet die Kolonisation ihr Werk. 516 Schulen, die 
35000 Schüler in französischer Sprache unterrichten, müssen den Bedürfnissen einer Be- 
völkerung von fünf Millionen Eingeborenen genügen. Dafür stehen den 800000 KEuro- 
päern 1200 Schulen zur Verfügung. Sämtliche freien Schulen in arabischer Sprache sind 
aufgehoben‘ worden. Die Zulassung der Eingeborenen zum höheren Unterricht ist so gut 
wie unmöglich. I 
Fügt man zu alledem die obligatorische Rekrutierung des algerischen Eingeborenen 
für das Heer des französischen Imperialismus, dessen Bestand man nach den neuen Militär- 
entwürfen der französischen Regierung von 45000 auf 180000 erhöhen will, um den 
Zielen des französischen Imperialismus (neue Eroberungen, Erstickung der revolutionären 
Bewegung) besser zu genügen, so erhält man ein objektives Bild davon. was 100 Jahre ‚,fran- 
zösischer Zivilisation‘ in Algerien bedeuten. 
AQ
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.