Full text: Das Flammenzeichen vom Palais Egmont

IX. 
1. 
Der Freiheitskampf des indochinesischen Volkes. 
Die Leiden des indochinesischen Volkes unter der französischen Kolonial- 
herrschaft werden von 
Duong van Giao (Annam), 
dem Delegierten der Verfassungspartei Annams, geschildert *: 
Erklärung der Indochinesischen Delegation. 
Indochina war vor der Besetzung durch den französischen Imperialismus ein unab- 
hängiges Land. Unter einer Monarchie war das Land gesellschaftlich auf einer viel demo- 
kratischeren Basis aufgebaut als heute: man genoß freien Unterricht in allen Schulen und die 
Gemeinden waren autonom. 
Gegen Mitte des vergangenen Jahrhunderts überfiel der französische Imperialismus mit 
bewaffneter Macht unser in Frieden lebendes Land. Wir wollen hier nicht an die blutige 
Periode vor zwanzig Jahren der Eroberungen und der heroischen Verteidigung unseres 
Volkes erinnern. 
Schon bei seiner an Besitzergreifung, die durch bespitzelnde Missionare einge- 
leitet und durch bewaffnete Macht beendet wurde, hat der französische Imperialismus Drokla- 
miert, daß er gekommen sei, um uns die westliche Zivilisation zu bringen. 
Wir werden dem Kongreß in einem gedrängten Bilde die Bilanz dieser Zivilisation, 
von der man schon seit 70 Jahren spricht, bekannt geben. 
Die politische Lage der Eingeborenen. 
Wir haben nicht die Freiheit, zu denken, zu schreiben, zu unterrichten, zu reisen, 
auszuwandern, uns zusammenzuschließen, und uns zu vereinigen. (Einer unserer größten 
Patrioten, Dr. K6, wurde im Mai 1926 vor Gericht gestellt, weil er den „Gesellschafts- 
vertrag‘“ von Jean Jacques Rousseau übersetzt und in unserer Sprache veröffentlicht hatte.) 
Für die Eingeborenen besteht eine besondere Gerichtsbarkeit; sie können keine effektive 
Kontrolle über das Budget ihres Landes ausüben. Der französische Imperialismus hat das 
alte Erziehungssystem aufgehoben und als Ersatz schlug der Generalgouverneur, Martial 
Merlin, im Jahre 1923 ein Unterrichtssystem vor, das der ‚‚Horizontalplan“ genannt wurde, 
Aber selbst dieser berühmte „Horizontalplan‘‘ wurde nicht verwirklicht, da es im Jahre 1925 
nur 3395 öffentliche Schulen bei einer Bevölkerung von 20 Millionen gab, die 
nur über 213997 Plätze verfügten, während die Zahl der Kinder im schulpflichtigen 
Alter (nach den Angaben des Herrn Blanchard de la Brosse, damals Inspektor des öffentlichen 
Unterrichts in Indo-China) 2 Millionen betrug. 
* Da das Manuskript des Vortrages uns vom Redner infolge besonderer Schwierigkeiten 
bei der Drucklegung noch nicht zugegangen ist, sind wir leider gezwungen, diese Rede erst 
in der nächsten Auflage zu veröffentlichen. (Red.)
	        
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