Kriege ins Leben gerufenen internationalen Verbänden
und Kongressen (wie zum Beispiel der „Union interna-
tionale de la Chemie pure et appliquee”, dem „Inter-
nationale Kongreß für Karbid- und Azetylenindustrie”,
dem „Internationalen Kongreß für autogene Schweißung”
u. a. m.) erscheint Oesterreich, ebenso wie Deutschland,
noch ausgeschlossen, doch ist im Interesse der Wissen-
schaft und Wirtschaft zu hoffen, daß auch hier bald ein
Verständigungsmittel — jenseits aller nationalen
Velleitäten -— zu wahrhaft friedlicher und nutzbringender
internationaler Zusammenarbeit gefunden werde. Es
nandelt sich dabei nicht nur um wirtschaftliche Erwä-
zungen, sondern auch um die Erfüllung eines Gebotes
der Gerechtigkeit, da diese Institutionen zum Teil über
Anregung von deutschen Fachmännern entstanden, durch-
wegs aber durch unsere Mitwirkung aufgeblüht sind.
Die Erfassung des Menschen’ als „Objekt”, eine erst
vor kaum 20 Jahren durcdı den „Taylorismus” verwirk-
lichte Idee, deren Ziel die Rationalisierung der mensch-
lichen Arbeitskraft zur Erreichung des jeweilig besten
Wirkungsgrades („Optimum”) ist, fand in Oesterreich
lebhaften Widerhall und führte zur Aufstellung des
vom „Hauptverband der Industrie Oesterreichs” ins
Leben gerufenen „Ausschusses für wirtschaftliche
Betriebsführung” (AWPB), der in ständiger Fühlung
mit dem vor kurzem gegründeten „Internationalen
Institut für wissenschaftliche Arbeitsorgani-
zation” beim internationalen Arbeitsamt in Genf
steht, und Oesterreich auch bei dem im September 1927
unter Beteiligung von 42 Nationen in Rom stattgehabten
(II. „Internationalen Kongreß für wissen-
schaftliche Arbeitsorganisation” vertrat. Als
liejenige Stelle in Oesterreich, die in Hinkunft dessen
offizielle Vertretung bei derartigen internationalen
Konferenzen übernehmen wird, darf wohl das kürzlich
gegründete „Oesterreichische Kuratorium für
Wirtschaftlichhkeit” bezeichnet werden, dessen Auf-
zabe es sein soll, sämtliche Rationalisierungsbestrebungen
unseres Landes in Handel, Gewerbe, Industrie, sowie Land-
und Forstwirtschaft in weitestem Maße zusammenzufassen.
Während diese Bestrebungen bei der soeben be-
3prochenen Erfassung des Menschen als „Objekt” sich
vor allem auf dessen physische und psychische
Fähigkeiten erstrecken, wird die Stellung des Menschen als
„Subjekt” einerseits durch die vier wirtschaftlichen Grund-
begriffe menschlicher Lebensführung: Nahrung, Klei-
dung, Wohnung, Verkehr, andererseits aber durch
die schöpferische Tätigkeit des Individuums ge-
kennzeichnet. Es erscheint außerordentlich wichtig, daß
Jesterreich, noch mehr als dies bis zum heutigen Tage
möglich war, an allen hierauf bezüglichen internationalen
Arbeiten teilnimmt, und es möge auf einige der wichtig-
sten hieher gehörigen internationalen Vereinigungen
ind Veranstaltungen an dieser Stelle nur kurz hinge-
viesen werden, als da sind: das „Internationale Land-
wirtschaftsinstitut” in Rom, die „Internationalen Kon-
zresse für Städtebau und Siedlungswesen”, der „Inter-
1ationale Straßenbaukongreß”, der „Internationale Eisen-
yahnverband”, der „Internationale Straßenbahn- und
Jeinbahnverein” (der seinen Sitz bis vor kurzem in
Wien hatte), der „World Motor Transport Congress” in
“‚ondon sowie die zahlreichen, auf dem Gebiete der
Aeronautik und Fernmeldetechnik bestehenden
nternationalen Vereinigungen und Kongresse.
Von allen diesen internationalen Kongressen, Kom-
nissionen und dergleichen mehr, die zum Teil mit
‚amtlidchem Charakter” den Ausgangspunkt zu wichtigen
nternationalen Vereinbarungen bildeten, sind beson-
ders solche Institutionen hervorzuheben, die sich durch
ich selbst zu internationaler Bedeutung emporgearbeitet
1aben, wie zum Beispiel die Wiener Schiffbautech-
ıische Versuchsanstalt, die heute die englischen
Anstalten, die das Vorbild waren, anerkanntermaßen
iberragt und tatsächlich international als erste
Anstalt dieser Art gilt.
Der Gedanke der internationalen Gemeinschaftsarbeit
‘and seinen erstmaligen Ausdruck anläßlich der im Jahre
883 in Paris ins Leben gerufenen „Internationalen
Union für den gewerblichen Rechtschutz”, und
as ist außerordentlich erfreulich, nachdem im Jahre 1025
lie Beschlüsse der sogenannten „Pariser Uebereinkunft”
‚uf der „Haager Konferenz” einer weitgehenden Revision
ınterzogen wurden, Oesterreich an diesen so außer-
»rdentlich wichtigen internationalen Arbeiten wieder
‚eteiligt zu sehen. — In diesem Zusammenhang möge
»esonders auf die inhaltsreichhe Denkschrift hingewiesen
verden, welche Dr. Wilhelm Exner unter dem Titel
‚Etat actuel des cooperations techniques
nternationales” im Jahre 1924 der ersten Welt-
<raftkonferenz in London überreichte.
Es ist dringend zu wünschen, daß es unserem Lande
srmöglicht werde, auf dem bezeichneten Weg fortzu-
schreiten. Ich gestatte mir nur, auf die in meinem in
ler Zeitschrift „Sparwirtschaft”*) erschienenen Aufsatz:
‚Internationale Gemeinschaftsarbeit auf dem
Zebiete wirtschaftlicher technischer Gestal-
ung” entwickelten Gedanken und Vorschläge hinzu-
weisen, dahinzielend, ebenso wie dies im Deutschen
zeiche der Fall ist, auch in Oesterreich allgemeine
Zichtlinien für die zukünftige Mitwirkung unseres
„andes an der internationalen technisch-wirtschaftlichen
Zemeinschaftsarbeit aufzustellen, unter Beteiligung aller
hieran verantwortlich interessierten Kreise.
1) Herausgegeben von der „Technischen Abteilung” des
Hauptverbandes der Industrie Oesterreichs; Jahrgang 1028,
Heft 1. 2 und 3.
DER ÖSTERREICHISCHE NORMEN AUSSCHUSS FÜR INDUSTRIE UND
GEWERBE (ÖNIG). SEINE ORGANISATION UND SEINE ARBEITEN
Von Ing, Dr. jur. J. Tomaides.
Der Oesterreichische Normenausschuß für Industrie wirkung des Oesterreichischen Verbandes des Vereines
und Gewerbe (ÖNIG) wurde vom Hauptverband der deutscher Ingenieure gegründet. Der ÖNIG bezwect
industrie Oesterreichs im September 1920 unter Mit- die Durchführung des Vereinheitlichungsgedankens in