Metadata: Die Frau und die Arbeit

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ist, zu dem ihr Streben führt, die Jahr um Jahr an den 
kleinen Wasserspeiern irgendeines Wahlrechtes oder dem 
Zuhauen des Grundsteines irgendeiner Erziehungsreform 
arbeiten oder einen Stein einfiigen, der vielleicht nie ganz 
den Fleck ausfüllt, für den er bestimmt war und wegge 
worfen werden muß, oder die ihr ganzes Leben lang an 
dem Tragstein irgendeiner Reform in dem Verhältnis der 
Geschlechter meißeln, um endlich zu sehen, wie er unter 
ihrem Stichel zerbricht, die über viele Enttäuschungen viel 
leicht zu keinem Erfolg oder nur zu so geringem oder so 
verborgenem gelangen, daß nie ein Auge ihn sehen wird, 
für die mag es nicht leicht sein, zu arbeiten ohne müde zu 
werden. Und doch sind es diese Myriaden Arbeiterinnen, 
die jede in ihrer eigenen winzigen Sphäre arbeiten, mit 
ihrem engen Ausblick unter endlosem Mißlingen und vie 
len Enttäuschungen, durch deren Arbeit zuletzt ein höheres 
und schöneres Verhältnis der Frau zum Leben erstehen 
wird, wenn ein solches überhaupt kommen soll. 
Wenn auf dem Grunde des Meeres ein Seestern am Fuß 
eines steilen Felsens liegt, scheint es dem Zuschauer, als 
ob nichts die träge Masse in Bewegung bringen und das 
Tier niemals den Felsen hinanklimmen könnte. Aber gebt 
nur acht. Auf der Unterseite, den Blicken verborgen, hat 
es tausend feiner Fühlfäden, und aus dem Nervenzentrum 
strahlen Willensimpulse in alle Teile des Körpers, und je 
des winzige Fäserchen, dünn wie ein Haar, dehnt sich lang 
sam aus und klammert sich an der nächstliegenden klein 
sten Rauheit des Felsens an; bald läßt ein winziger Fühl 
faden seinen Halt fahren, bald hält ersieh wieder fest, und so 
gelangt langsam, langsam die ganze träge Masse zum Gipfel. 
I n diesen Versuchen einer Neuanpassung der Frau an 
das Leben spricht man oft von den Führerinnen, als von 
der „Neuen Frau“, und zwar so, als ob sie etwas Unheilver 
kündendes, Unerhörtes in der Menschengeschichte wären.
	        
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