PROPAGANDAMÖGLICHKEITEN
451
Die Speisenkarte könnte aber auch noch in anderer Weise
der Werbung dienstbar gemacht werden, indem man ihr den
Charakter des „Andenkens‘““ aufprägt, wie es bei dem wieder-
gegebenen Musterbeispiel aus Baden-Baden geschah. (Über
dieses interessante Thema spreche ich in einem besonderen
Kapitel.) Kurz vor dem Kriegsausbruch erhielt ich von be-
freundeter Seite aus Amerika eine ganze Serie von Speisen-
karten ganz ungewöhnlichen Charakters. Während die eine
Seite der sehr großen Karte die üblichen Speisenangaben ent-
hielt, fand ich auf der anderen Seite hochinteressante, künst-
lerische Bilder von bleibendem Wert. Sie gaben besonders reiz-
volle Punkte aus der landschaftlichen Umgebung jener ameri-
kanischen Stadt wieder, auch typische Erscheinungen aus dem
Tagesleben (so zum Beispiel einen Lachsfang), und sie waren
so künstlerisch und vornehm aufgemacht, daß sie, im ent-
sprechenden Rahmen, jedem Zimmer zur Zierde gereicht haben
würden. Das betreffende Hotel kam damit der sattsam be-
kannten Andenkensucht des Amerikaners in geschickter Weise
entgegen. Es lieferte auch gleich starke Papprollen zum be-
quemen Versenden der Bilder-Speisenkarten an Verwandte und
Freunde. Dieser amerikanische Gedanke ließe sich auf euro-
päische Verhältnisse übertragen. Kleine Geschenke erhalten
die Freundschaft. Die. Bilder-Speisenkarte könnte sich wohl
auch noch abwechslungsreicher gestalten lassen, Jedenfalls
zeigt dieses Beispiel, daß die Speisenkarte mit Erfolg in den
Dienst der Werbung gestellt werden könnte.
Auch mit dieser Frage ließe sich unter Umständen ein Preis-
ausschreiben verknüpfen. Nehmen wir an: Zur Erlangung
künstlerischer oder origineller Entwürfe für Speisen- und
Menukarten. Oder man setze einige Preise für die besten Ideen
aus, um die Speisen-, Menu-.und Weinkarten der Werbung
dienstbar machen zu können.
Ein ähnlicher künstlerischer und zugkräftiger Werber könnte
die Ansichtskarte werden, wenn man sich bemühen wollte, bei
ihrer Schöpfung die ausgetretenen Pfade zu verlassen.