Die Zwangsorganisation
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betrachteten sie anfangs mißtrauisch und suchten sogar nach Mitteln
zur Bekämpfung, weil sie darin eine vom Standpunkte der Allgemeinheit
unzulässige Vergewaltigung der Verbraucher erblickten. In gewissen
Fällen sah man sich aber gerade aus irgendeinem Interesse der All-
gemeinheit heraus veranlaßt, für einzelne Produktionszweige Zwangs-
kartelle zu errichten.
Am frühesten geschah dies bei einigen verbrauchssteuerpflichtigen
Waren, bei denen der Staat zur Sicherung der Abgaben die Erzeugung
der einzelnen Betriebe genau kontrollieren muß und in dem zu diesem
Zwecke aufgebotenen Apparat bereits ein bequemes Mittel zur Durch-
führung einer Zwangsorganisation besitzt. Eine solche erschien für
die Branntweinbrennerei zweckmäßig, die volkswirtschaftlich in einigen
Ländern deshalb eine besondere Bedeutung hat, weil sie der Land-
wirtschaft leicht verderbliche und minderwertige Erzeugnisse
(Kartoffeln, Obst) abnimmt, ohne Vorbelastung mit Transportkosten
an Ort und Stelle verarbeitet, dabei ein hochwertiges und weithin ver-
sendbares Fabrikat (Spiritus) gewinnt und die nährstoffreichen Rück-
stände als Viehfutter und Düngemittel wieder den landwirtschaftlichen
Zwecken zuführt, den Boden also nicht verarmen läßt. Um nun einer
Überproduktion zu steuern und namentlich die Jandwirtschaftlichen
Brennereien zu schonen, führte Deutschland durch Gesetz vom
24. Juni 1887 eine Verbrauchssteuer in zwei Abstufungen ein. Der
niedere Satz wurde nur einer beschränkten und unter die bestehenden
Brennereien aufgeteilten Menge, dem von fünf zu fünf Jahren neu fest-
gesetzten „Kontingent“, zugestanden, während der über diese Menge
hinaus erzeugte Branntwein einem höheren Steuersatz unterworfen
wurde. Österreich-Ungarn befolgte durch Gesetz vom 20. Juni 1888
dieses Beispiel der indirekten Kontingentierung, indem es einen niedrigen
Steuersatz für Kontingentspiritus und einen höheren für Exkontingent-
spiritus festsetzte.
Für Zucker hat seinerzeit Rußland einen interessanten Versuch
der staatlichen Kontingentierung vorgenommen, um mit Rücksicht
auf die in anderen zuckerproduzierenden Ländern bestehenden Ausfuhr-
prämien auf Zucker seinerseits eine indirekte Prämiierung zu schaffen.
Nach dem Ukas vom 20. Juni 1895 hatte der russische Finanzminister
alljährlich die voraussichtliche Zuckerproduktion des Landes zu schätzen
und in drei Teile zu zerlegen. Der erste Teil entfiel auf den voraussicht-
lichen Inlandskonsum und an ihm wurde jede Fabrik im Verhältnis
ihrer Durchschnittserzeugung unter Festhaltung eines bestimmten
Minimalquantums beteiligt. Den zweiten Teil bildete der obligatorische
Reservevorrat, der auf Anordnung des Finanzministers in Prozent-
sätzen ganz oder teilweise freigegeben wurde, wenn der erste für den
Konsum bestimmte Teil sich als zu klein erwies oder die Ministerial-
Gruntzel, Konzentration