Full text: Reparations-Sabotage durch die Weltwirtschaft

_Schlußfolgerungen für die Organisation des Geld- und Kapitalmarkts, 107 
— Kate nn HE 
Überfluß kurzfristiger Auslandgelder dauernd und zwingend zum “Kapitalmarkt, 
wo sie hingehören, also in langfristige Anlage zu überführen. Das ist, wie gesagt, 
die Kernfrage: Die ausländischen Gelder müssen „mangels Masse‘. hier bleiben, 
ihr Transfer ist, volkswirtschaftlich gesehen, unmöglich; ihre Besitzer versuchen, 
dauernd, sie „zurückzuziehen“, d, h., privatwirtschaftlich gesprochen, sie kündigen 
die.Gelder, wodurch die Forderungsbeträge von neuen. Händen übernommen. werden. 
müssen; die neuen Hände sind immer ‚wieder kurzfristig, lassen sich aus Miß- 
verständnis auf langfristige Anlage nicht ein, sodaß ein Überangebot von flüssigem 
Geld entsteht. — Das gewöhnliche Mittel, solchem Überangebot zu begegnen, be- 
steht in der Zinsdifferenzierung, indem für kurze Gelder ein relativ niedrigerer Satz 
als für langfristige Kapitalhergabe gilt. Dann scheidet sich automatisch die Kon- 
trabierung der Eigentumsrechte an von Dritten benutzten Gütern in langfristige 
und kurzfristige Form, indem der Zinsgenuß aus kurzfristiger Anlage unter den- 
jenigen aus langfristiger, etwa Hypothekenanlage sinkt. Warum kommt es jetzt 
nicht dazu, warum haben wir Diskonterhöhung, wo doch Kapitalüberfluß herrscht 1)? 
Hier zeigt sich die aus der Zwangswirtschaft geborene Diskrepanz zwischen. Form 
und Inhalt, die Verkehrsstörung, welche trotzdem mit aller Störung nichts an der 
Unmöglichkeit ändert. Es treffen hier 3 Störungsursachen zusammen. 
ij. Störungsursache: Die psychologischen Hemmungen der aus- 
Jändischen Kapitaleigentümer gegenüber bewußter oder gegenüber langfristiger 
Anlage in Deutschland, 
2, Störungsursache: Der Unterschied der Währung und der 
sich daraus ergebende Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Inlandsdiskont; 
der Zusammenhang ist in unserem Falle im Prinzip rein formaler Art, denn von hier 
aus kann es zu Diskonterhöhungen kommen, nicht weil — was sonst die Ursache 
zu sein pflegt — der Kreislauf der Wirtschaft „heißgelaufen‘ ist, sondern weil die 
Eigentümer wirtschaftlich total gesunder Betriebe zufällig Ausländer sind. 
3. Störungsursache: Die derzeitige Unvollkommenheit der Zins- 
kontrahierung, welche nicht nur im vorliegenden Falle, sondern auch bei 
anderen Gelegenheiten, namentlich bei dem gewöhnlichen Konjunkturaufschwung, 
stört. Die Unvollkommenheit besteht darin, daß für langfristige Anlagen, das 
heißt für deren privatwirtschaftliche Kapitalform, nicht ein variabler, sondern 
ein fester Zinssatz für lange Jahre im voraus kontrahiert wird. Es werden dadurch 
bei niedrigem Zinsstand für lange Jahre, auch für diejenigen hoher Zinssätze, nied- 
rige Zinskosten für die Geld aufnehmenden Betriebe und umgekehrt bei hohem 
Zinsstand für sämtliche Kontraktjahre anormal hohe Zinskosten kontrahiert, welche 
nur in der Zeit der Kontraktschließung wirtschaftlich berechtigt waren. Mit ande- 
1) Selbstredend bezieht sich diese Fragestellung auf die Situation, wie sie sich aus dem 
Reparationsproblem ergibt, also unter der Voraussetzung, daß nicht andere Momente größeren 
Gewichts, etwa hier für die Frage des Kapitalmangels, gegeben sind. Würde man z. B. als 
weitere Voraussetzung unterstellen müssen, daß die öffentliche Hand in größerem Umfange 
Fehldisposition über das Sozialprodukt vorgenommen hätte, dann könnte von da aus der Zins 
in Deutschland steigen müssen, was aber mit dem Reparationsproblem nicht zusammenhinge 
und folglich von uns nicht zu berücksichtigen ist. Tatsächlich braucht man wohl die vor- 
stehende Voraussetzung nicht oder wenigstens noch nicht als gefährlich störend zu unter- 
stellen: vermutlich wird es so sein, daß, wie oben gezeigt, die private Hand sich bei ihrer 
Dispositon über das Sozialprodukt wegen der unmöglichen Zinsen sehr stark zurückhält, wäh- 
rend die öffentliche Hand — man sollte eigentlich sagen „die nicht verantwortliche 
Hand‘ — wie ein junges Füllen auf der Wiese des Sozialprodukts weidet, welch beide Kin- 
flüsse sich vielleicht aufheben; nur würde, wenn die beiden Parteien sich umgekehrt ver- 
hielten, "die Produktivität der Verwendung des Sozialprodukts voraussichtlich größer sein.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.