Full text: Grundzüge der Theorie der Statistik

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Untersuchungen angestellt und hat die Anwendbarkeit der Wahr- 
scheinlichkeitsrechnung auf diese Disziplin, namentlich in bezug auf 
die Körpergröße, erkannt. Allerdings verleitete ihn seine Grund- 
anschauung auch hier zur Überschätzung der Ergebnisse; ganz 
natürlich glaubte er, ein physiologisches Gesetz für das Wachstum 
des Menschen gefunden zu haben, wo es sich auf jeden Fall zum 
Teil um die Wirkungen einer Auswahl handeln könnte. Gesetzt den 
Fall, man habe direkte Messungen an einer großen Zahl von Indi- 
viduen in verschiedenen Altersklassen vorgenommen und es ergebe 
sich dann z. B., daß die durchschnittliche Größe erst ihr Maximum 
im Alter von 25—30 Jahre erreicht und nach Erreichung des 
50. Lebensjahres abzunehmen beginnt, welche Bedeutung hat dann 
liese Tatsache? Es liegt anscheinend die Möglichkeit vor, daß z. B. 
ler Tod eine Anzahl schwächlicher Personen unter Normalgröße 
im Alter zwischen 20 und 30 Jahren hingerafft hat. Bevor man 
ıntersucht hat, ob die Körpergröße der Verstorbenen der der Lebenden 
sntspricht oder ob sie wenigstens ohne nennenswerten Einfluß auf 
las Gleichmaß ist, kann von einem physiologischen Gesetz für das. 
Wachstum keine Rede sein. Anders, wenn man einer Anzahl Per- 
sonen von der Wiege bis zum Grabe folgen könnte, anstatt wie 
hier für jede neue Altersklasse eine neue Anzahl Individuen zu 
nehmen. 
Geringere Bedeutung hat Quetelet für die Entwicklung der 
Sterblichkeitsstatistik gehabt. Teils lag ihm auch hier zu 
sehr das Typische im Sinne, als daß er auf die vielen Abweichungen 
vom Durchschnitt hätte aufmerksam werden können, teils stand er 
zu sehr im Banne schon damals veralteter Methoden. Die außer- 
ordentliche Beweglichkeit der Bevölkerung, die höchst ungleiche 
Zusammensetzung nach Gesellschaftsschichten usw. scheinen ihm 
verborgen geblieben zu sein. Oft begnügt sich Quetelet auch mit 
summarischen Sterblichkeitsquotienten, wo die verschiedene Alters- 
verteilung unzweifelhaft einen Einfluß ausüben mußte. 
In dem Werke „Sur ”’homme“ beschäftigt er sich ausführlich 
mit dem Gleichgewicht der beiden Geschlechter, bezüg- 
lich dessen Hofacker in Deutschland und Sadler in England 
ihre Hypothese aufgestellt hatten. Hiernach solle das Alter der 
Eltern in der Weise eine Rolle spielen, daß, wenn der Mann älter 
sei als die Frau, mehr Knaben als Mädchen geboren würden, und 
umgekehrt. Wenn also z. B. in Kriegszeiten die Reihe der Männer 
gelichtet werde und nur verhältnismäßig wenig junge Männer er-
	        
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