Die Wirtschaftsform und Wirtschafts v erfassung nnserer
sog. freien kapitalistischen Verkehrswirtschaft hat in den etwa
120 Jahren ihres Bestehens durchgreifende Veränd erungen
an — wenn ich mich so ausdrücken darf — Haupt und
Gliedern erfahren.
Mag durch die Aufrechterhaltung einer gewissen rechtlichen
Kontinuität auch der Anschein erweckt werden, als wäre die
Wirtschaftsverfassung von heute ihrem Wesen nach noch die
von 1820, in Wirklichkeit ist es anders.
Vor allem ist es doch wohl der ẽökono mische Eigentums—
begriff, auf dem jeweils eine bestimmte formelle und
materielle Wirtschaftsverfassung aufbaut, und durch den sie
harakterisiert ist.
Dieser Eigentumsbegriff unserer Verkehrswirtschaft hat sich
seit 1820 wesentlich geän dert. Er war schon vordem manchem
Wechsel unterworfen.
Worauf es dem Nationalökonomen bei Beurteilung einer
Wirtschaftsverfassung neben der Beurteilung der rein formal—
rechtlichen Seite des Eigentumsbegriffes ankommen muß, find
die jeweiligen materiellen Auswirkungen und mate—
riellen Möglichkeiten, die von jenen ordnenden Rechts—
normen ausstrahlen, die den Begriff der Eigentumsordnung
ausmachen.
Die Herstellung des möglichst freien Privateigentums
nun zu Beginn des vorigen Jahrhunderts haͤtte seine besondere
ökonomische Bedeutung, deren sich allerdings — wie so oft
in der Geschichte — die handelnden Zeitgenossen nur teilweise
bewußt sein konnten, und die ich mit dem Schlagworte chara—
terisieren möchte: Freisetzung der großen Gruppen von
Produktionsfaktoren (Grund und Boden, Arbeit und Kapital).
Denn der Begriff wirklich freien Privateigentums barg Grund—
ablösung und Grundfreiheit, barg Freizügigkeit der Person
und Arbeitskraft und schließlich volle Freiheit in Anlage
und Durchführung der Produktion, sei es Produktion auf
kapitalistischer Grundlage oder auch nicht, also Gewerbefreiheit
das ist aber u. a. Freiheit in der produktiven Berwendung
12
n