I. Der Zins als Regulator der Kapitalbildung. - 49
Kapitals noch nicht behoben wurde, und daß der Zins-
fuß in Deutschland noch nicht im geringsten gesunken
ist, Dazu gehört die Kapitalbildung im Betriebe selbst,
die Selbstfinanzierung, wie man heute zu sagen
pflegt. Sie ist gewiß keine Neuerscheinung. Wir haben
es aber hier nicht mit den regulären Abschreibungen zu
tun, die der Ersetzung alten, abgenufzten Sachkapitals
durch neues dienen, Von jeher, solange es selbständige
Erwerbswirtschaften mit reiner Geldrechnung gibt, sind
Abschreibungen auf das Anlagekapital und Rückstellun-
gen notwendig gewesen. Hier handelt es sich aber um
die Neubildung von Sachkapital, also um die Erwei-
terung einer Unternehmung. Doch sind in Wahrheit die
Grenzen fließend, denn auch bei den Abschreibungen
gibt es keine exakten Feststellungen. Niemand kann
heute genau sagen, wie lange eine Maschine noch halten
wird, und noch weniger, was ihre Ersetzung schließlich
kosten wird. Aber noch mehr. In den meisten Industrie-
zweigen ist heute der technische Fortschritt so schnell,
daß man nicht einmal weiß, ob nicht aus Gründen der
Konkurrenzfähigkeit eine Maschine schon vor ihrer Ab-
nutzung durch eine andere ersetzt werden muß.
Sehr ‚oft liegt schon in der Anwendung neuer Ma-
schinen auch eine Ausdehnung der Produktion, der dann
wieder andere Teile des Betriebes korrespondieren
müssen. Kurz, Kapitalersetzung und Kapitalneubildung
gehen ineinander über.
Dazu kommt noch als dritter Fall der Kapitalaufwen-
dungen das heute so wichtige Gebiet der Rationali-
sierungen. Hier handelt es sich nicht um die reguläre
Ersetzung alten Sachkapitals durch neues, wie sie‘ durch
Abschreibungen erfolgt, auch nicht um die Neubildung
von Sachkapital zwecks Ausdehnung des Betriebes, son-
dern um eine produktionstechnische, handelstechnische
oder verkehrstechnische Verbesserung des Betriebes, die
in der Regel eine Ersparung von Arbeitskräften und
einen Ersatz solcher durch Sachkapitalaufwendungen be-
Schultze, Weltwirtschaftliche Vorträge, Heft 8.