Das Streben.
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mittelbar vergangener“ gewußt ist. Solange die erste Kugel rollt
and die zweite Kugel in Ruhe ist, können wir sagen, daß die erste
Kugel auf die zweite Kugel wirken werde, hingegen können wir in
solchem Falle niemals sagen, daß uns jenes Wirken als „gegen-
wärtiges Wirken‘ gegeben ist, sprechen vielmehr von gegen-
wärtigem Wirken der ersten Kugel auf die zweite Kugel immer
erst dann, wenn uns der zweite Augenblick im Wirken mit dem Wir-
kungsgewinne als gegenwärtiger gegeben ist. Das Wahrnehmen be-
sonderen gegenwärtigen Wirkens ist daher eigentlich nur der
Gedanke, daß gegenwärtig wahrgenommener Zustand eines besonderen
Einzelwesens den Wirkungsgewinn in Beziehung zu einer im unmittel-
bar vorangegangenen Augenblicke vorhandenen „Ursache‘ darstellt.
Jeder „Strebende‘‘ erlebt nun zunächst einen sogenannten ‚,Willens-
impuls‘‘, d. h. er nimmt einen eigenen Muskelzustand wahr, den er in
unmittelbar vorangegangenem Augenblicke noch nicht wahrgenommen
1at und weiß diesen Muskelzustand als Wirkungsgewinn in Beziehung
zu eigenem Wollen, d. h. einem in eigenem Wollen gewußten eigenen
Begehren als wirkender Bedingung. Das Erlebnis des sogenannten
„Willensimpulses‘‘ ist also nichts anderes als das Erleben des Be-
Yinnes eines eigenen Tuns, welches dann weiter im ‚Streben‘ als
„weitere Muskelveränderungen kraft eigenen Wollens‘“ erlebt wird.
Sagen wir also, daß „Streben‘ ein besonderer Seelenaugenblick ist, so
meinen wir eigentlich eine Reihe von Seelenaugenblicken, die jedoch
insoferne einheitlich sind, als in ihnen zwar verschiedene „fortschreitende“
aigene Muskelveränderungen wahrgenommen werden, allen diesen Seelen-
augenblicken aber im übrigen der Gedanke an ein und dasselbe Be-
Zehren als wirkende Bedingung und also an ein und dieselbe Wir-
Kensrichtung zugehört, so daß alle diese Seelenaugenblicke, abgesehen
von den Wahrnehmungen verschiedener fortschreitender eigener Muskel-
veränderungen, einen und denselben Sinn haben. Im „Streben‘
St aber das eigene Wirken kraft Wollens als „gegenwärtiges“
Wirken doch in anderer Weise gegeben als sonst „gegenwärtiges
Wirken“, da nämlich der Strebende während seines Strebens die
Wirkende Bedingung in seinem Tun, nämlich besonderes Begehren, als
seiner Seele noch gegenwärtig zugehörig weiß, also im „Streben“
Sowohl die fortschreitenden Wirkungen als auch die wirkende Bedingung
‘ür alle diese fortschreitenden Wirkungen als „gegenwärtig“ weiß, über-
lies aber die Besonderheit jenes Allgemeinen, welches die wirkende
Bedingung abgibt, als seiner Seele zugehörig „wahrnimmt“ (selbst-
dewußt „hat“), während sonst die Besonderheit einer wirkenden Be-
lingung zu gegenwärtiger Wirkung nicht unmittelbar in einem „Wahr-
nehmen“ gegeben, vielmehr nur mittelbar auf Grund Wissens um be-
sondere identisch begründete Wirkenszusammengehörigkeiten gewußt,
Sander. Alle. Gesellschaftslehre. ?