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VIL Kapitel.
die Befugnis begründete Macht des Befugten“ nennen, und
welche stets besondere Verhalten-Geltungs-Macht des Befugten darstellt,
nämlich seine Macht, den Befugnisbetroffenen durch eine Forderung
mit besonderer Drohung zu besonderem Verhalten zu veranlassen, welches
das Gegenteil jenes Verhaltens darstellt, das der Befugte dem Befugnis-
betroffenen auf Grund seiner Befugnis ungünstig zurechnen kann. Sagt
man, daß jemand seine besondere Befugnis ‚„ausübe‘“, so meint man
meistens, daß er jene eigene Macht „ausübe‘‘, die im Gedanken des
Befugnisbetroffenen an die Befugnis begründet ist, man meint also gar
nicht eine „Ausübung“ der eigentlichen Befugnis. Man muß eben die
„Ausübung einer Befugnis‘, welche stets die Erhebung einer an
den Befugnis-Wahrer gerichteten ‚Klage‘ darstellt, unterscheiden von
der „Ausübung der im Gedanken des Befugnisbetroffenen
an die Befugnis begründeten Macht des Befugten‘, welche
stets die Erhebung einer Forderung gegen den Befugnisbetroffenen dar-
stellt. Von diesen beiden Gegebenen muß aber wieder jenes Gegebene
unterschieden werden, das man „Genuß von Befugnissen“ nennt.
Sagt man nämlich, daß jemand ein „Befugnisgenießer‘‘ sei, so meint
man, da „genießen‘ keine ‚„„Machtausübung‘“, kein „tätiges Wirken‘
ist, daß jemand Lust an der Erfahrung eines eigenbezogenen Wertes
habe, deren Bewirkung oder Erhaltung dadurch bedingt ist, daß der
Befugnisbetroffene wegen seines Gedankens an die Befugnis des Anderen
sich in besonderer Weise verhält. ‚„Befugnisgenießer‘‘ ist z. B. jener,
der gegenwärtig an dem Geruche der Rosen in einem besonderen Garten
Lust hat, woferne seine gegenwärtigen ‚‚Geruchsempfindungen‘‘ auch
bedingt sind dadurch, daß der Gärtner ihm das Gartentor aufgesperrt
hat, weil er um die iBhm vom Eigentümer des Gartens verliehene Be-
fugnis weiß. Es ist ganz unzutreffend, die Worte „Befugter‘“ und „Be-
fugnisgenießer‘‘ — in besonderem Falle die Worte „Berechtigter‘‘ und
„Rechtsgenießer‘‘ — in einem und demselben Sinne zu gebrauchen.
Denn wenn wir sagen, daß jemand ein „Befugter‘“ sei, so bestimmen
wir ihn als Inhaber besonderer Macht, wenn wir hingegen sagen,
daß jemand ein „Befugnis-Genießer‘‘ sei, so bestimmen wir ihn als
solchen, dem besondere Lust zugehört, deren Gewinn bedingt
war durch den Gedanken eines Anderen an eine Befugnis des „Ge-
nießers‘‘, Überhaupt wird sehr häufig jemandes „Befugnis“ verwechselt
mit jenem Interesse, mit jenem auf den Befugten bezogenen Werte,
auf dessen „Genuß“ durch den Befugten der Befugnis-Verleiher gezielt
hat. So spricht man dann vom „Befugnisschutze‘, obwohl eigent-
lich die „Befugnis als Schutz eines Interesses‘ gemeint ist, die
„Befugnis“ also nicht das ‚„‚Geschützte“‘, sondern der „Schutz“ -— wenn
dieses Wort beliebt — ist. Hat nämlich jemand eine „Befugnis‘‘, kraft
welcher er einem Anderen besonderes Verhalten ungünstig zurechnen