Das Wollen, U 55
da ihm wesentlich Wissen darum zugehört, daß er gegenwärtig Unlust
an besonderem Gegenständlichen zugehörig habe. Nun ist aber der „Ge-
danke im Wünschen“ als „gedachte Veränderungsreihe, in welcher sich
schließlich Verlust der gegenwärtigen Unlust und Gewinn von Lust
findet“, noch nicht vollständig bestimmt, wie sich aus der Betrachtung
mancher besonderer Seelenaugenblicke ohne weiteres ergibt, in welchen
jemandem „Unlust an Etwas“ und auch der Gedanke an eine Ver-
änderungsreihe, in welcher er die gegenwärtige Unlust verlieren und
Lust gewinnen würde, zugehört, ohne daß er doch jene Ver-
änderungsreihe „wünscht“. Hat z. B. jemand „Unlust an eigener
Armut“ zugehörig und den Gedanken, daß sich in der besonderen Ver-
änderungsreihe „Sterben meines Vaters“ — „Beerben meines Vaters“ —
„Gewinn von Wissen, daß ich nun reich bin“ schließlich auch Ver-
änderung seiner Seele zu „Lust an Reichtum“ findet, so wird er des-
halb doch nicht den Tod seines Vaters wünschen, wenn er ihn „genug
liebt“, d. h. dessen Leben für einen so großen eigenbezogenen Wert
hält, daß er weiß, es würde durch die gedachte Verände-
rungsreihe der ihn betreffende Wert- und Unwertgesamt-
zustand verschlechtert werden. Jener also, dem „Unlust an
eigener Armut“. und der Gedanke zugehört, daß durch den Tod seines
Vaters diese Unlust beseitigt und „Lust an eigenem Reichtum“ ge-
wonnen würde, „wünscht“ nur dann den Tod seines Vaters, wenn er
meint, daß der mit jener Veränderungsreihe eintretende ihn betreffende
Wert- und Unwertgesamtzustand die Bedingung für den Gewinn
einer Lust, nämlich einer „Lust an eigenem Reichtum“ enthält, welche
„stärker“ wäre, als die „Lust am Leben des eigenen Vaters“, für
welche der gegenwärtige ihn betreffende Wert- und Unwertgesamt-
zustand die Bedingung enthält. Deshalb sagt man auch im Falle solchen
Wünschens eines A, daß er seinen Vater „nicht genug liebe“, d.h.
nicht als Bedingung für „genügend“ starken Lustgewinn wisse, „um
hicht seinen Tod zu wünschen“. ‚Aber auch in jenen Fällen,
da jemandem eine besondere Unlust zugehört und der Gedanke an
eine Veränderungsreihe, in welcher die gegenwärtige Unlust verloren
und Lust gewonnen würde, nicht aber der Gedanke an irgendeine
besondere Unlust, für deren Gewinn jene Veränderungsreihe auch
eine Bedingung enthalten würde, liegt ein „Wünschen“ nur vor, wenn
jene Seele weiß, daß in jener gedachten Veränderungsreihe die gegen-
wärtige Unlust mit Gewinn von Lust unter Verbesserung des
Sie selbst betreffenden Wert- und Unwertgesamtzustandes
verloren würde, so daß also „Verbesserung des die eigene Seele be-
treffenden Wert- und Unwertgesamtzustandes“ zum wesentlich Ge-
dachten jedes Wünschens gehört und sozusagen den „Wesenskern“ des
Seelenaugenblickes „Wünschen“ ausmacht. durch welchen sich solcher