11. Kapitel.
Seelenaugenblick von anderen Seelenaugenblicken unterscheidet, denen
zwar auch eine Unlust zugehört und der Gedanke an eine Verände-
rungsreihe, in welcher die Unlust mit Gewinn von Lust beseitigt würde,
dennoch aber kein „Wünschen“ darstellen. Solchen „Wesenskern“ haben
aber auch die Seelenaugenblicke „Begehren“, „emotional günstig Er-
warten“ und „Wollen“, so daß allen diesen Seelenaugenblicken als
wesentliches Moment auch ein „Ja-Sagen“, „Billigen“, „Zustimmen“ zu-
geschrieben wird, womit aber nichts anderes gemeint sein kann, als
daß in allen jenen Seelenaugenblicken auch „Verbesserung des die
eigene Seele betreffenden Wert- und Unwertgesamtzustandes“ gemeint ist.
„Wünschen schlechtweg“, welches Gegebene wir nunmehr
bestimmt haben, kann sich, wie aus dem bisher Gesagten hervorgeht,
sowohl nach dem Gegenständlichen der „Unlust im Wünschen“ als auch
nach den im Wünschen gedachten Veränderungen besondern. Jedes
besondere Wünschen ist ein Seelenaugenblick, dem eine besondere
Unlust und der Gedanke an eine besondere Veränderungsreihe zuge-
hört. Mehrere besondere Seelenaugenblicke, deren jedem eine besondere
„Unlust im Wünschen“ und ein besonderer „Gedanke im Wünschen“
zugehören, stellen stets „mehreres besonderes Wünschen“ dar. Nun
kann aber in gewissen Fällen „mehreres besonderes Wünschen“ auch
in einem Seelenaugenblicke zusammentreffen, dem dann eine be-
sondere Unlust und der Gedanke an mehrere Veränderungsreihen
zugehören. Solche Seelenaugenblicke nennen wir ein „mehrfaches
Wünschen“ im Gegensatze zu dem bisher besprochenen „einfachen
Wünschen“. Indes sind „einfaches Wünschen“ und „mehrfaches
Wünschen“ nicht etwa Besonderheiten von „Wünschen schlechtweg“,
sondern „mehrfaches Wünschen“ ist stets „mehreres besonderes, in
einem Seelenaugenblicke zusammentreffendes Wünschen“, „Mehrfaches
Wünschen“ kann entweder „konjunktiv mehrfaches Wünschen“
oder „disjunktiv mehrfaches Wünschen“ sein. „Konjunktiv
mehrfaches Wünschen“ liegt vor, wenn jemand mehrere Veränderungs-
reihen denkt, welche zusammen alle mitwirkenden Bedingungen dafür
enthalten, daß er seine gegenwärtige Unlust verliert und Lust gewinnt,
wie wenn z. B. jemand, der Unlust daran hat, daß Partner zum
„Quartett spielen“ nicht zugegen sind, wünscht, daß die Musiker A und
B und C kommen mögen. Die Unlust in jedem „konjunktiv mehr-
fachen Wünschen“ ist stets eine Unlust an mehrerem Gegenständ-
lichen, deren jedes in einer besonderen Veränderungsreihe beseitigt
werden kann, z. B. eben „Unlust daran, daß A nicht da ist und B
nicht da ist und C nicht da ist“. Daß im Falle „konjunktiv mehrfachen
Wünschens“ „mehreres besonderes Wünschen“ in einem Seelen-
augenblicke zusammentrifft, ergibt sich aus der Erwägung, daß schon
die Unlust an einem dieser Gegenständlichen allein und der ent-