Bei der Erörterung über den neu abzuschliessenden
Zoll- und Handelsvertrag mit Rumänien wurde das Interesse
unserer Landwirthschaft noch nicht gebührend gewürdigt.
Unsere Mitbürger sind, soweit sie den Verlauf der Vertrags
unterhandlungen überhaupt aufmerksam verfolgen, bisher
nicht genügend orientirt, denn die grossen Tagesblätter der
beiden Hauptstädte unseres Reiches vertreten vorwiegend
das Interesse der Industrie, genauer gesagt: der Exporteure
der Industrie. Unsere liberale Journalistik vergisst — wie wir
glauben — an ihre Pflicht der objectiven Berichterstat
tung; sie macht lediglich für den Standpunkt der Fabrikanten
Stimmung. Die conservativen Blätter aber sind wegen der
Gefolgschaft, die sie der Regierung stets leisten müssen,
offenbar ausser Stande, für die Interessen der Landwirth
schaft mit der gebührenden Energie rückhaltslos einzutreten.
Die Consequenz davon ist vor Allem die Unkenntniss,
in welcher unsere Bevölkerung bezüglich der Ansprüche der
Landwirthschaft Oesterreichs gehalten wird.
Wir können darum nur bedauern, dass die öster
reichische Regierung es nicht für räthlich gefunden hat, ausser
den Vertretern der Industrie und des Handels auch die der
Landwirthschaft zu befragen, bevor sie in die Vertragsunter
handlungen eingetreten. Wir hören vielmehr, dass das Gut
achten der Wiener Handels- und Gewerbekammer als Basis
für die Gestion unserer Bevollmächtigten dient, eine Arbeit,
die, so reichhaltiges Material sie für die Unterhandlungen
bietet, doch fast durchwegs im Sinne unserer Industriellen
und Kaufleute gehalten ist. Freilich wollte dieses Gutachten,
so objectiv zu sein es auch strebt, ja gar nicht für unsere